Yama-Tani ist ein kleines Holzhausprojekt im Nordosten von Paris. Im Gegensatz zu den Hochhäusern in der Umgebung besteht die Straße, in der es gebaut wurde, aus eher zierlichen Gebäuden. Keines überragt fünf Stockwerke. An die Umsetzung machte sich bis zur Fertigstellung 2023 ein Dreierkollektiv aus Holzbauprofis, allen voran der japanische Stararchitekt Kengo Kuma. Er weiß, wie spannender Holzbau heutzutage geht. REI Habitat als Entwickler bezeichnet sich selbst als „Pionier in der Förderung von Holzbau“. Der französische Immobilienriese engagiert sich für eine nachhaltige Quartiersentwicklung, fördert die Verwendung von biobasierten Materialien und hat sich zum Ziel gesetzt, die Natur mit Holz in die Stadt zu bringen. Jüngstes Beispiel dafür ist das 50 m hohe Holzhochhaus „Wood Up“, dass im Herbst 2024 im 13. Arrondissement an seine Bewohner übergeben wurde. Das Gebäude ist das lang ersehnte Resultat eines Wettbewerbs aus dem Jahr 2017, der durch die Initiativen der Pariser Klimakonferenz ins Leben gerufen und von der Stadt Paris mitfinanziert wurde. Direkt an der Seine gelegen, dient es als symbolträchtiges Beispiel für klimafreundliches Bauen, das die französische Hauptstadt im Rahmen der Olympischen Spiele des vergangenen Sommers verstärkt in den Fokus gerückt hat.
Holz fördert Gemeinschaftsgefühl
Zurück zu Yama-Tani. Als dritten Projektpartner holte man Rubner Holzbau mit ins Boot. „Wir wurden ausgewählt, weil wir in der Lage sind, die komplexen architektonischen Anforderungen eines federführenden Architekturbüros und Bauträgers mit Liebe zu Holz zu erfüllen. Wir brachten unser Know-how vor allem in der maßgenauen Vorfertigung ein und sorgten so für eine hochpräzise Ausführung“, weiß Projektleiter Jacques Lherbier, CEO von Rubner in Frankreich. Das Wohnhaus im 19. Arrondissement zeichnet sich vor allem durch seinen innovativen Ansatz aus, bei dem Holz in einer betonierten Umgebung die Hauptrolle spielt und eine gewisse Leichtigkeit mit sich bringt. Das Gebäude, das elf Wohnungen in Holzrahmenbauweise umfasst, wurde auf einem kompakten Grundstück von nur 225 m² errichtet und besticht durch seine skulpturale Fassade. Trotz seiner bescheidenen Größe bietet es den Bewohnern einen intimen Gemeinschaftsgarten sowie viel gemeinsamen Raum. Die Wahl von Holz als Baumaterial im Innenbereich schafft eine Atmosphäre von Komfort und Wohlbefinden. Durch den sichtbaren Einsatz des ökologischen Baustoffs in der Struktur erhält das Gebäude eine zusätzliche Wärme, die das Gemeinschaftsgefühl unter den Bewohnern fördert.
Von Bergen und Tälern
Faltenwurf: Mit origamiähnlichen Wellen und asymmetrischen Öffnungen hebt sich die Hauptfassade von Yama Tani deutlich von der Nachbarschaft ab. © K. Khalfi
Der Name Yama-Tani, der übersetzt „Berg und Tal“ bedeutet, spiegelt die gefaltete Fassade des Gebäudes wider. Inspiriert von Gebirgslandschaften und Origami, wechselt dieses Design zwischen Gipfeln und Tälern und verleiht dem Projekt eine organische Dimension. Wie Kengo Kuma Architekten betonen, „ist dadurch in der Passage Crimée ein kleiner Canyon entstanden“, der perfekt veranschaulicht, wie dieses natürliche Relief in das Stadtgefüge integriert wird. Die Passage de Crimée ist übrigens der Standort des außergewöhnlichen Holzgebäudes. Die plissierte Fassade spielt mit Licht und Texturen und bietet eine Ästhetik, die sowohl dynamisch als auch beruhigend wirkt.
Yama-Tani verkörpert nicht nur äußerlich einen verantwortungsvollen Ansatz, denn für die Konstruktionselemente und die Außenverkleidung wurde vorrangig französisches Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern verwendet. Diese Wahl reduziert nicht nur den CO2-Fußabdruck des Gebäudes, sondern fördert auch lokale Ressourcen und stärkt die Holzindustrie in Frankreich. „Mit Yama-Tani beweist Rubner einmal mehr, dass Holz die urbane Architektur verändern kann, indem es Innovation, Leistung und Nachhaltigkeit miteinander verbindet. Durch die Verwendung von französischem Holz aus ökologisch bewirtschafteten Wäldern vereinen wir technische Leistung, Umweltfreundlichkeit und das Wohlbefinden der Bewohner. Es beweist, dass Holz seinen Platz im Herzen der Stadt hat“, sagt Lherbier.
Viel Platz trotz engen Verhältnissen
Bescheiden in seiner Größe, aber beeindruckend durch seine gewagte Architektur, beherbergt das Gebäude einen intimen Gemeinschaftsgarten und einen Gemeinschaftsraum. © Kengo Kuma & Associates / Sergio Grazia
Die große Herausforderung beim Projekt war laut Rubner, dass aus jedem Raum - trotz der begrenzten Grundfläche - das Optimum herausgeholt werden musste. Die Holzkonstruktion half dabei und ermöglichte eine Maximierung der Wohnfläche bei gleichzeitiger Minimierung des Platzbedarfs. Darüber hinaus erleichterte die Vorfertigung der Komponenten im Werk die Montage vor Ort, was sich positiv auf die Bauzeit und die Baustelleneinrichtung auswirkte. Die Arbeit im dicht besiedelten Gebiet erforderte laut Rubner ein präzises Logistikmanagement, um Störungen der Nachbarschaft zu minimieren. Der Lieferplan für die vorgefertigten Bauelemente musste sorgfältig angepasst werden, um übermäßige Beeinträchtigungen der angrenzenden Straßen zu verhindern. „Durch den Einsatz von Holz auf der Baustelle konnte der Lärm und die Staubbelastung verringert werden, was die Bauarbeiten für die Anwohner erträglicher machte. Zudem ermöglichte die Vorfertigung der Bauteile im Werk eine zügige Montage vor Ort“, berichtet Lherbier.
Ein Dorf in der Stadt
Durch ein abgestuftes Konzept ist das Gebäude in der südöstlichen Ecke offen, um ein Maximum an Sonnenlicht in sein Zentrum zu bringen. Zudem profitieren die meisten Wohnungen von einem Außenbereich wie Balkon, Loggia oder Terrassen. Ein Garten im Hinterhof stellt die Natur als zentrales Element in den Mittelpunkt. Die Holzarten für das äußere Erscheinungsbild des Projekts wurden laut Architekten sorgfältig ausgewählt: Kastanie für die Fassade an der Hauptstraße, die hart genug ist, um eine präzise Faltung zu ermöglichen, Douglasie für die Fassade im Innenhof, die mit der Zeit ebenfalls natürlich vergrauen wird. Jede der elf Einheiten hat einen eigenen Zugang über einen Außenkorridor, der den Bewohnern das Gefühl gibt, mit der Natur des Innenhofs verbunden zu sein. Die Planer wollten damit eine dörfliche Atmosphäre in der Stadt schaffen. „Das Projekt wurde mit Blick auf das Wohlbefinden der Nutzer entworfen und zeichnet sich durch helle Wohnräume und eine nahtlose Verbindung zwischen Innen- und Außenbereich aus. Dank der natürlichen Eigenschaften von Holz bietet das Haus eine optimale Wärmedämmung und somit dauerhaften Komfort. In einer städtischen Landschaft, die von mineralischen Materialien dominiert wird, definiert Yama-Tani die Rolle von Holz in der Stadt neu und beweist, dass es möglich ist, Ästhetik, Umweltverträglichkeit und Lebensqualität in einer zeitgenössischen und nachhaltigen Architektur zu vereinen“, halten Kengo Kuma & Associates fest.
Projektdaten
Die Wahl des Materials Holz im Innenbereich bietet den Bewohnern Komfort und Wohlbefinden. Die Fassade dient gleichzeitig als Sichtschutz. © Kengo Kuma & Associates / Sergio Grazia
Standort: Paris
Bauherr: REI Habitat
Fertigstellung: Februar 2023
Architektur: Kengo Kuma & Associates
Holzbau: Rubner Holzbau Frankreich (Rubner Constrution bois SAS)
Verwendete Holzarten / Holzmenge: 1150 m3 Holzrahmenelemente, 560 m² Holzdecken, 850 m² Holzverkleidungen, 60 m² Metallstege und Holzböden. Die verwendeten Hölzer sind hauptsächlich Kastanie für die Straßenfassade, Douglasie für die Innenhoffassaden, die eine natürliche Dauerhaftigkeit und einen optimalen Alterungsprozess bietet, und Fichte für die inneren Strukturelemente.