Das ist das Schöne an unserem Leben: Es gibt immer wieder neue Möglichkeiten oder Bedürfnisse, auf die es gilt, eine passende Antwort zu finden. Ist solch eine Antwort in einem Bauwerk gefunden, dann hat es das Potenzial, langlebiger zu sein. Oder nachhaltiger. Oder günstiger. Vielleicht schöner, nutzungsfreundlicher, adaptiver…
In diesem Zusammenhang wird Holz als Baustoff zunehmend interessant. Das ist eine große Chance, gerade weil der gesellschaftliche Fokus auf diesem Material liegt. Es wäre sehr schade diese Chance nicht zu nutzen und eine ähnliche Entwicklung hinzulegen, wie es die Lebensmittelindustrie im Umgang mit der Landwirtschaft gemacht hat: Ausbeutung statt Wertschätzung, Standardisierung statt Qualität. Nachhaltigkeit nur als Marketingbegriff.
Damit Holzbau zukunftsfähig ist, müssen seine Qualitäten und Stärken direkt genutzt und sinnvoll in den gesellschaftlichen Kontext eingebettet werden. Es geht darum, Wertschöpfungsketten zu entwickeln, die echten Sinn stiften – ökologisch, ökonomisch und sozial.
Wenn ich mit einem Zimmermann ein Bauprojekt beginne, starte ich meist mit dem gleichen Wunsch: „Ich will, dass das Bauwerk so durchdacht ist, dass du es in 20 Jahren gerne wieder abbauen – oder weiterbauen würdest.“ Oft begegnet mir daraufhin zunächst ein Kopfschütteln. Aber für mich beginnt sinnvoller Holzbau genau in dem Moment, in dem aus diesem schüttelnden Kopf ein zustimmendes Nicken wird.
Der sich nun entwickelnde Holzbau kann sich aus meiner Sicht nur dann im wahrsten Sinne des Wortes als nachhaltig erweisen, wenn er es schafft von den Abgründen der Lebensmittelproduktion zu lernen und Wertschöpfungsketten entwickelt, die Sinn machen. Sinnvolles hat mit oder ohne Marketing immer am längsten Bestand gehabt. Sinnvoll scheint mir im Holzbau auch zu sein, dass er sein Potenzial für Weiterbauen, Adaptieren, usw. erkennt und das als Grundgedanke in sich integriert.
In der Geschichte des Bauens war der Normalfall fast immer das Weiterbauen – nicht das Neubauen. Sogar Kirchen wurden über Jahrzehnte, manchmal Jahrhunderte hinweg erweitert, verändert, angepasst. In an alten Bauernhäusern lassen sich mit etwas Forschung leicht die verschiedenen Bauetappen ablesen. Es waren die 60er- bis 2020er-Jahre, wo man es sich „geleistet“ hat, auf dem Rücken unserer Grundlage des Lebens – der Natur – neu zu bauen und bevor man daran dachte weiterzubauen, wieder abgebrochen und neu gebaut hat. Ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Weiterdenken, ohne Bestand.
Dieses Zeitfenster schließt sich. Es ist genug gebaut worden – jetzt geht es darum, das Gebaute nutzbar zu machen. Weiterzudenken. Weiterzubauen. Holz als Baustoff hat hier großes Potenzial.