Von Stillstand keine Spur

Ein Artikel von Kathrin Lanz und Raphael Zeman | 18.05.2020 - 16:41

Alle Landesinnungsmeister empfanden den Beginn der Krise als chaotisch, verwirrend oder anstrengend. Unsicherheit kennzeichnete die allgemeine Gefühlslage der Holzbauunternehmer über alle Bundesländer hinweg. „Man hat sich als Branchenvertreter, aber auch als Unternehmer im Stich gelassen gefühlt“, berichtet Simon Kathrein. In den ersten vierzehn Tagen der Isolation hat der Landesinnungsmeister Tirol etwa 30 Telefonate pro Tag geführt. Die Verunsicherung, ob und in welcher Form die Baustellen fortgeführt werden sollen, war groß. „Teilweise wurde man auf den Baustellen fast verunglimpft, weil man gearbeitet hat“, erzählt der Landesinnungsmeister Salzburg, Friedrich Egger. Danach folgte die Unsicherheit, wie viele Aufträge storniert werden würden. Dies sei aber glücklicherweise nur in einem sehr geringen Umfang passiert. Die ersten drei Wochen empfand Egger als „wirklich schwierig – jetzt arbeiten wir schaumgebremst“. Positiv merkt Kathrein an: „Wir sind von einer sehr hohen Konjunktur in die Krise geschlittert. Mit unserem Baustoff sowie dem Aufschwung der vergangenen Jahre können wir gerade jetzt – auch die Klimakrise betreffend – unsere Stärken umso intensiver ausspielen.“

Die meisten, bereits bewilligten Projekte sind auf Schiene. Seitens der Behörden wünschen wir uns Jetzt eine rasche und unbürokratische Bearbeitung der offenen Verfahren.


Friedrich Egger, Landesinnungsmeister Salzburg

Rasche Lösung für fehlende Bauverhandlungen

Im Tourismusland Tirol sind aber auch viele Betriebe an die Investitionen der Hoteliers und Gastronomen gebunden. Dazu Kathrein: „Projekte, wo Baugenehmigungen schon erfolgt sind, werden zu 90 % umgesetzt. Jetzt heißt es, dranbleiben und sich anstrengen. Wenn die kommende Wintersaison halbwegs normal verläuft, sind die Einbußen in diesem Segment aus meiner Sicht überschaubar.“ Damit spricht Kathrein ein Thema an, das derzeit alle Betriebe beschäftigt: die fehlenden Bauverhandlungen. Egger dazu: „Die meisten, bereits bewilligten Projekte sind auf Schiene. Seitens der Behörden wünschen wir uns eine rasche und unbürokratische Bearbeitung der offenen Verfahren.“ Und auch in Salzburg ist man auf Aufträge aus Tourismus und Gastronomie angewiesen. Diese stellen zwei der größten Auftraggeber in der Fremdenverkehrsregion dar. Gemeinsam mit proHolz sei man deshalb dabei, sich mit der Landespolitik in Verbindung zu setzen, damit zukünftige Bauvorhaben möglichst ökologisch und in Holz umgesetzt werden.

Der Holzbau ist von einer hohen Konjunktur in die Krise geschlittert. Mit unserem Baustoff sowie dem Aufschwung der vergangenen Jahre können wir gerade jetzt die Klimakrise betreffend unsere Stärken umso intensiver ausspielen.


Simon Kathrein, Landesinnungsmeister Tirol

Winzer als wichtige Kunden im Burgenland

Zum Thema Gastronomie gibt es auch im Osten des Landes Bedenken: Viele burgenländische Holzbaubetriebe zählen Winzer, die Zulieferer der Gastronomie sind, zu ihren Kunden. „Die sind natürlich schwer von der Krise betroffen und werden voraussichtlich geplante Investitionen ruhend stellen.“ In Hinblick darauf merkt Gerhard Kast, Landesinnungsmeister Burgenland, aber an: „Unsere Branche ist gegenüber anderen relativ krisenresistent und bisher weitgehend glimpflich davongekommen. Die allermeisten Baustellen laufen seit Wochen wieder.“ In Kontakt mit regionalen Mitgliedsbetrieben, berichtet Kast von einer guten Stimmung: „Keiner, mit dem ich in Kontakt war, hat gejammert. Alle haben genug Arbeit.“

Unsere Branche ist gegenüber anderen relativ krisenresistent und bisher weitgehend glimpflich davon gekommen. Die allermeisten Baustellen laufen seit Wochen wieder.


Gerhard Kast, Landesinnungsmeister Burgenland

Was in den Köpfen bleibt: Regionalität

So empfindet auch Oskar Beer, Landesinnungsmeister Steiermark: „Für diese Zeit geht es uns als Handwerker und mit unserem Baustoff sehr gut. Ich möchte gewerbsmäßig mit niemandem tauschen.“ Mit den kleinen und mittelständischen Betriebsgrößen fühlt man sich in der Steiermark auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten konkurrenzfähig. „Was hoffentlich in den Köpfen übrigbleibt, ist, dass man mehr auf den Faktor Regionalität achtet. Wenn man darauf schaut, woher der Baustoff kommt und wo er hingeht, wird er einmal nicht mehr gebraucht, landet man automatisch beim Holzbau.“ Vor allem die Regierung müsse hier dranbleiben und Wissenstransfer für dieses Thema betreiben.

Für diese Zeit geht es uns als Handwerker mit unserem Baustoff eigentlich sehr gut. Ich möchte gewerbsmäßig mit niemandem tauschen.


Oskar Beer, Landesinnungsmeister Steiermark

Holzbau als Teil der Lösung diskutieren

Seit Ostern sei auch der Großteil der oberösterreichischen Betriebe wieder voll aktiv, berichtet Landesinnungsmeister Josef Frauscher. Zu den momentanen Herausforderungen zählt Frauscher vor allem die Baustellenplanung sowie -koordination und Anfahrt. Man stehe einer Mehrkostenbelastung, die ursprünglich nicht einkalkuliert wurde, gegenüber. „Aber wir können zumindest arbeiten“, betont Frauscher das Positive. Dass sich bei den Behörden die Genehmigungen anstauen, ist auch ihm ein Dorn im Auge: „Wenn das nicht bald Fahrt aufnimmt, könnte es im Herbst an Bauvolumen fehlen.“ Frauscher wünscht sich zudem nicht nur, dass der Holzbau in der Bauabwicklung gleichgestellt wird, sondern auch eine Infokampagne vonseiten der Landesregierung, bei der sich Entscheidungsträger wie beispielsweise Agrar-, Umwelt- und Wirtschaftslandesrat gemeinsam engagieren. „Es sollte endlich öffentlich diskutiert werden, dass der Holzbau ein Teil der Lösung der Klimakrise ist.“

Es sollte endlich öffentlich diskutiert werden, dass der Holzbau ein Teil der Lösung der Klimakrise ist.


Josef Frauscher, Landesinnungsmeister Oberösterreich

Wenig Gefahr bei Wiener Großprojekten

In der Bundeshauptstadt greift man während der Krise auf die Arbeitsgemeinschaft (AG) Bau, einen Zusammenschluss aller Innungsmeister im Baugeschäft, als Hauptinformationsquelle zurück. Hier gab es einen regen Austausch über Kurzarbeit und die Fragen „Wer darf was?“ und „Darf man überhaupt bauen?“. Robert Böhm, Landesinnungsmeister Wien, bedankt sich vor allem auch bei den Zulieferern für ihre Unterstützung. Denn diese hätten „rasch reagiert und getan, was sie konnten“. Auch in Wien hofft man, dass mittel- und langfristige Investitionen nicht einbrechen. Bei den Großprojekten sieht Böhm weniger Gefahr, jedoch könne er nicht einschätzen, wie sich die Lage bei den kleineren, privaten Auftraggebern entwickeln werde. „Vielleicht wird das Urlaubsgeld dieses Jahr vermehrt zuhause, in den eigenen Garten oder ins Haus investiert. Der Nachteil bei unserem Gewerk ist ja, dass die Gebäude alle viel zu lange halten“, scherzt Böhm. Die Stimmung bei den Mitgliedern empfindet er dabei als „den Umständen entsprechend gut“. Die jetzige Hoffnung sei, dass man keinen oder nur einen moderaten Einbruch erlebt und unter den gegebenen Umständen halbwegs uneingeschränkt weiterarbeiten kann.

Unsere Zulieferer haben toll reagiert. Jetzt hoffen wir, dass langfristig die Investitionen nicht einbrechen.


Robert Böhm, Landesinnungsmeister Wien

Keine übermäßigen Einbußen bekannt

Die Stimmung in Kärnten, mit sehr wenigen Coronainfizierten, beschreibt der Landesinnungsmeister Georg Hubmann unter den Betrieben als „etwas gedämpft, aber postitiv“. „Bis dato sind wir mit einem blauen Auge davongekommen, es sind mir keine übermäßigen Einbußen bekannt. In Sachen Bauverhandlung muss sich allerdings rasch etwas tun, damit das auch so bleibt“, heißt es auch aus Kärnten.

Bis dato sind wir mit einem blauen Auge davongekommen. es sind mir keine übermäßigen Einbußen bekannt. In Sachen Bauverhandlung muss sich allerdings rasch etwas tun, damit das auch so bleibt.


Georg Hubmann, Landesinnungsmeister Kärnten

Deutschlands Baustellen bedienen

Über die Landesgrenzen hinweg arbeiten zu können, ist vor allem auch für Vorarlberger Handwerksbetriebe essenziell, wie Landesinnungsmeister Herbert Brunner anmerkt: „Fakt ist, dass wir über die Grenzen hinweg die deutschen Baustellen weiterhin bedienen können. Das ist wichtig für Vorarlberger Betriebe. Die Schweiz ist leider dicht.“ Der Großteil der Holzbauunternehmen hatte zu Beginn der Krise ein bis zwei Wochen ihren Baubetrieb eingestellt, im Moment würden wieder alle arbeiten. „Mir persönlich war von Anfang an klar, dass wir weiterarbeiten dürfen. Große Unsicherheiten gab es, da alle Landesbaustellen ihren Betrieb einstellten.“ Im Moment könne Brunner von „Papierkrieg bezüglich Dokumentationspflichten und anderen Maßnahmen“ berichten. „Aber es ist alles bewältigbar und führt zu keinen weiteren Schwierigkeiten.“

Fakt ist, dass wir über die Grenzen hinweg die deutschen Baustellen weiterhin bedienen können. Das ist wichtig für Vorarlberger Betriebe.


Herbert Brunner, Landesinnungsmeister Vorarlberg

Organisation von Arbeitsmannschaften

In Niederösterreich hat man dem Ausbleiben der Bauverhandlungen das Vorziehen anderer, bisher aufgeschobener Arbeiten entgegengesetzt. „Die bisher ausgebliebenen Einbrüche könnten aber zeitversetzt noch geschehen. Es wird sich erst weisen, wie die zukünftigen Auftraggeber agieren“, meint Wolfgang Huber, Landesinnungsmeister Niederösterreich. Für ihn ist eine der größten Schwierigkeiten die Baustellenorganisation. Man versuche, möglichst nur ein Gewerk mit geringer Personenanzahl auf der Baustelle zu organisieren, habe die Arbeitsmannschaften aufgeteilt und minimiere den Kontakt zwischen den einzelnen Partien so gut wie möglich. „Die derzeitige Situation führt oft zu einem zeitlichen Mehraufwand und erfordert Flexibilität. Der bisherige Weg der Politik war für mich sicher nicht leicht, aber für den Schutz der Risikogruppen notwendig“, befindet Huber und blickt damit überwiegend positiv in die Zukunft.

Die derzeitige Situation führt oft zu einem zeitlichen Mehraufwand und erfordert Flexibilität. Der bisherige Weg der Politik war für uns sicher nicht leicht, aber für den Schutz der Risikogruppen notwendig.


Wolfgang Huber, Landesinnungsmeister Niederösterreich