Brandschutz dominiert Holzbauforum

Ein Artikel von Raphael Zeman | 12.11.2019 - 08:46
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Mehr als 720 Holzbauexperten und -interessierte trafen sich in Köln. © Kathrin Lanz

Quer über alle Themenbereiche – von Aufstockung über Ökologie bis hin zu rechtlichen Grundlagen – referierten und diskutierten die Experten. Ein wiederkehrendes und durchaus dominantes Thema war hierbei der Brandschutz.

Brandschutztechnisch sichere Holzfassaden – kein Problem

Dr. Michael Merk unterrichtet Brandingenieurwesen an der TU München und befand brandschutztechnisch sichere Holzfassaden bis zur Gebäudeklasse (GK) 5 im Rahmen seines Vortrages ganz eindeutig für umsetzbar. Unter Beachtung einiger Vorkehrungen könne das Schutzziel der Verhinderung einer Brandausbreitung jedenfalls erreicht werden: Unbedingt notwendig seien dabei Brandsperren in Form von Auskragungen auf Höhe der Geschossdecken. Diese sind prinzipiell entsprechend dem Fassadentyp zu wählen und könnten gegebenenfalls sogar als reine Holzschürzen ausgeführt werden. Auch die Tiefe der Hinterlüftungsebene habe einen entscheidenden Einfluss auf das Brandverhalten der Fassade, weshalb das Maß der Unterkonstruktion bei maximal 50 mm gehalten werden sollte.

Brandschutztechnisch sichere Holzfassaden sind ganz klar umsetzbar.


Dr. Michael Merk, Bauingenieur

Dickschichtputz-System gegen Schwelbrand

Vielversprechende Forschungsergebnisse präsentierte Björn Kampmeier von der Hochschule Magdeburg-Stendal. In einer gemeinsamen Studie mit der TU Braunschweig, dem Fraunhofer Institut für Holzforschung und dem Institut für Brand- und Katastrophenschutz in Heyrothsberge erprobte man verschiedene Strategien zur brandschutztechnisch sicheren Verwendung von Holzfaserdämmplatten in Wärmeverbundsystemen. Als beste Strategie erwies sich dabei die Variante mit einem Dickschichtputzsystem von rund 25 mm, das die Entstehung von Schwelprozessen im Holzfaserdämmstoff grundsätzlich verhindert beziehungsweise ausreichend lange verzögert. Die Forschungsergebnisse über das laut eigenen Angaben sehr robuste System wurden an die zuständige Projektgruppe Brandschutz weitergeleitet, um eine mögliche Abänderung der bauaufsichtlichen Regelungen zu prüfen.

„Das schafft nicht mal die Raumfahrt“

Bei genau diesen bauaufsichtlichen Regelungen hakte Bernd Gammerl vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg ein. Er interpretierte die rechtlichen Vorgaben bezüglich brennbarer Dämmstoffe nämlich so, dass diese, im richtigen System eingebaut, nicht mehr als entflammbar anzusehen und somit zulässig seien. Somit fordert auch er eine Anpassung des Baurechts und wies darüber hinaus darauf hin, dass „komplett rauchdicht nicht gebaut werden kann – das schafft nicht mal die Raumfahrt“.

Dementsprechend wünschte sich Burkhard Walter von der B. Walter Ingenieurgesellschaft, dass die deutsche Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Bauteile in Holzbauweise für GK 4 und 5, die derzeit als Entwurf veröffentlicht ist, 2020 herausgegeben wird. „Dann haben wir endlich eine Grundlage und damit ein Instrumentarium, das sagt, wir dürfen mit brennbaren Fassaden arbeiten“, so Walter.

Dann haben wir ein Instrumentarium, das sagt, wir dürfen mit brennbaren Fassaden arbeiten.


Burkhard Walter, Tragwerksplaner

Holz ist „Hertzenssache“

Adrian Blödt, Geschäftsführer von Blödt Holzkomplettbau, stellte das Praxishandbuch „Schallschutz im Holzbau – Grundlagen und Vorbemessung“ vor, das vom Informationsdienst Holz herausgegeben wird und für dessen Erstellung er als Co-Autor fungierte. Das Buch soll Architekten und Holzbauunternehmen als Vorbemessungstool für die frühe Planungsphase dienen. Besonders hilfreich ist hierbei der enthaltene Bauteilkatalog, der unter anderem auch Angaben über Brandschutzwerte und tiefe Frequenzbereiche enthält. Hier liegt nämlich eines der „Hertzensthemen“ des Bauphysikers, der meint „dem Holzbau wird zu Unrecht untergeschoben, er wäre schlecht beim Schallschutz“. Der Trittschall spielt sich in Tiefen Frequenzen unter 100 Hertz ab. Diese werden derzeit in Schallmessungen kaum berücksichtigt.

Dem Holzbau wird zu Unrecht untergeschoben, er wäre schlecht beim Schallschutz.


Adrian Blödt, Bauphysiker

Holzbau wirtschaftlich gestalten – Adieu, Losgröße 1

Der Geschäftsführer der Holzunion (Timber Constructon Group), Heiko Seen, beschäftigte sich mit der Wirtschaftlichkeit des Holzbaus. In einer nun mittlerweile mehrjährigen Zusammenarbeit mit der B&O Wohnungswirtschaft hat man eine Systembauweise entwickelt, die es ermöglicht, schnell und kostengünstig zu bauen. Seen relativiert die Wettbewerbsvorteile für Auftraggeber bei einer freien Ausschreibung respektive Vergabe. Sein Argument: Eine wiederkehrende Zusammenarbeit derselben Partner führe dazu, dass man aufgrund der gemeinsamen Erfahrung die Kosten für Bauteile einfach standardisieren und Nachträge minimieren könne. Den größten Vorteil aber sieht er in der kurzen Bauzeit. Durch wechselseitiges beziehungsweise paralleles Bauen schaffte es das eingespielte Team, fünf 7-Geschosser in rund 18 Arbeitswochen zu errichten. Entscheidende Faktoren für ein solches Unterfangen sind laut Seen die Festlegung des Bauzeitplans bereits in der frühen Planungsphase und, damit einhergehend, ein Auftraggeber, der bereit ist, sich vor der finalen Vergabe von Leistungen auf die Partner festzulegen.

Holzschutz kein Muss?

Die beste Holzschutzmaßnahme ist laut Thomas Volkmer von der Berner Fachhochschule AHB keine Behandlung, zumal die Qualität der Oberflächenbehandlung mit jener des Holzes eng zusammenhängt. Bei unbehandelten Fassaden ist laut Volkmer zwar mit einer starken und teils unregelmäßigen Vergrauung der Oberfläche zu rechnen, jedoch seien die Anschaffung und Erhaltung weitaus kostengünstiger. Darüber hinaus betonte er die Einfachheit anfallender Renovierungen solcher Fassaden, die mittels handelsüblicher Systeme gereinigt und nahezu in den Ausgangszustand zurückversetzt werden könnten.

Ich halte nichts davon, Ideen zu entwickeln, wie man Holz ewig jung halten kann.


Hermann Kaufmann, Architekt

Dieser Vortrag erfreute sicherlich auch den Vorarlberger Architekten Hermann Kaufmann, Gründer und Geschäftsführer von Hermann Kaufmann + Partner. Er appellierte an die Planer, den Verwitterungsprozess „miteinzubauen“, denn „eine verwitterte Fassade hat dieselbe Qualität wie eine unbewitterte“ und „ich halte nichts davon, Ideen zu entwickeln, wie man Holz ewig jung halten kann“.