Genialer Bauschulterschluss

Ein Artikel von Birgit Gruber | 26.02.2020 - 11:28
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In der Waldrebengasse in Wien 22 werden insgesamt 107 soziale Mietwohnungen, sowie ein dreigruppiger Kindergarten entstehen. © oln.at

In Wien Donaustadt soll ein Vorzeigeprojekt in Sachen klimagerechtes Bauen entstehen: das Vancouver-Haus auf einem Grundstück in der Waldrebengasse. Dazu wurde ein Bauträgerwettbewerb ausgelobt (holzbau austria hat berichtet). Das Siegerprojekt stammt vom Bauträger Frieden und dem Architekturbüro Rüdiger Lainer + Partner (RLP). RWT plus war für die Tragwerksplanung und die Bauphysik verantwortlich. Dass es ein Holzbau mit 100 % erneuerbarer Wärmeversorgung werden soll, war eine Vorgabe der Stadt. Das Haus soll diesbezüglich ein Experimentierfeld sein. So wird es etwa nicht, wie andere Bauten des Wohnfonds, an die Fernwärme angeschlossen. Stattdessen plant man den Einsatz von Wärmepumpen. Woschitz Engineering entwickelte das zeitgemäße Energiekonzept. Von den Verantwortlichen wurde außerdem ein Konzept für innovative und leistbare Wohnmodelle für die wachsende Gruppe der Alleinerziehenden gefordert. Insgesamt werden am Gelände 107 Wohnungen, ein dreigruppiger Kindergarten sowie drei Geschäftslokale entstehen.

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Die Holz-Hybridkonstruktion soll aus maximal vier Stockwerken bestehen und nach dem Vorbild HoHo errichtet werden. © oln.at

Eine Baufreundschaft

Die Städte Wien und Vancouver – beide zählen seit vielen Jahren laut Studien zu den lebenswertesten Städten der Welt – sind 2018 eine Partnerschaft zum energiesparenden Bauen eingegangen. Federführend dabei waren die damalige Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) und die Stadträtin Andrea Reimer aus Vancouver.

Holzbau-Know-how aus Kanada

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Das Grundstück für den sozialen Holzwohnbau liegt in der Waldrebengasse unweit des SMZ-Ost. © RLP Rüdiger Lainer + Partner

Bei dem Städteaustausch mit Vancouver „exportiert“ Wien sein Vier-Säulen-Modell im Wohnbau (mit den Qualitätskriterien Ökonomie, Ökologie, Architektur und soziale Nachhaltigkeit) und will im Gegenzug Know-how im Bereich des Holzbaus und des ökologischen Bauens „importieren“. Dennoch will man die heimischen Erfahrungen mit dem ökologischen Baumaterial nicht ausser Acht lassen. „Das Konstruktionsprinzip stellt eine Weiterentwicklung der erprobten HoHo-Konstruktion dar, die für Baukörper bis fünf Geschosse optimiert wurde. Wir errichten ein Hybridgebäude mit einem Rückgrat/Kern aus Stahlbeton. An dieses ist eine Holz- bzw. Holzhybridkonstruktion angedockt“, berichtet Architekt Rüdiger Lainer. Im Wettbewerbsprojekt der Waldrebengasse sind die Decken als HBV-Decken und die Außenwände als BSP-Verbundkonstruktionen vorgesehen.

Was ist OBSYS?

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Das OBSYS-Bausystem mit seinen einzelnen Elementen. © RLP Rüdiger Lainer + Partner

„Um aber auf unterschiedliche Errichtungsorte, Baugesetze, verfügbare Ressourcen und lokale Verarbeitungstechniken reagieren zu können, haben wir ein offenes Bausystem – das OBSYS – entwickelt. Wenige Elemente in oftmaliger Wiederholung werden mit einem hohen Grad an Vorfertigung seriell eingesetzt. Je nach technischer und ökonomischer Verfügbarkeit von Ressourcen und Know-how werden unterschiedliche Bauteilvarianten verwendet“, erzählt der Planer. Jedes Material soll so eingesetzt werden, dass es jeweils am Besten den unterschiedlichen Anforderungen an Statik, Brandschutz, Flexibilität, Ökonomie und Raumqualität entspricht. Mit einer Fertigstellung ist im Sommer 2024 zu rechnen.

Quellen: RLP / IBA Wien