Verliert die österreichische Holzbaukultur ihr wertvollstes Potenzial: das Handwerk?

Ein Artikel von Markus Klaura | 13.07.2021 - 08:20
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Architekt Markus Klaura © Christian Brandstätter

Der Holzbau ist als ökologische, unkomplizierte, solide und leistbare Baumethode in den Köpfen der Menschen angekommen und just in diesem Moment explodiert der Holzpreis – definitiv unseriös. Mit der Entwicklung des Brettsperrholzes ab der Jahrtausendwende kam zu den längst ausgereiften Brettschichtstäben ein neuer Holzwerkstoff, der völlig neue Bauchancen eröffnete. Die statischen und bauphysikalischen Möglichkeiten dieses Materials sind trotz des hohen Ressourceneinsatzes verlockend und ermöglichen Konstruktionen, bei denen Auskragungen, Spannweiten und Geschossigkeiten in neue Sphären gelangen. Leider werden diese Platten von Architekten und Zimmerern allzu oft auch für banale Zwecke missbraucht.

Im Zuge dieser Entwicklung veränderte sich zudem die in vielen Generationen eingespielte Wertschöpfungskette vom Baum bis zum Bauwerk. Mit der Weiterverarbeitung ihrer Bretter zu industriell vorgefertigten Platten liefert die Sägeindustrie nun Wand- und Deckenbauteile direkt auf die Baustelle. Die Zimmerer stellen sich in den Dienst der Industrie, indem sie Projekte akquirieren, die Werkplanung übernehmen, die Bauteile bestellen und vorfinanzieren. Zu guter Letzt übernehmen sie für die zugekaufte Ware noch die Haftung, ohne wesentlich an der Wertschöpfung teilzuhaben.

Wenn diese Entwicklung weiterhin überhandnimmt, verliert ein Traditionshandwerk wertvollstes Wissen. Die Instandhaltung unserer historischen Bauten, die Fertigung feingliedriger Fachwerkstrukturen, der Bezug zum gewachsenen Holz und damit zur Maßstäblichkeit der Holzbauästhetik stehen auf dem Spiel.

Architekten und Zimmerer sollten sich vom unreflektierten Einsatz industriell vorgefertigter Bauteile verabschieden, stattdessen ihre konstruktive Intelligenz aktivieren und – back to the roots – regionale Produktionszirkel schüren. Die Verschiebung des Gleichgewichtes in der Wertschöpfungskette Holz hin zur Sägeindustrie wird leider von einer Handvoll Holzindustrieller im globalen Wettbewerb zulasten aller anderen verantwortungslos ausgenutzt.

Österreichisches Holz wird mit minimalster Wertschöpfung, aber maximalsten Gewinnen exportiert. Das ist volkswirtschaftlich extrem schädlich und schwächt den heimischen Holzbau substanziell sowie nachhaltig – cui bono?