Wiederkehr zur Bildungswoche Alpbach

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 21.12.2022 - 11:07
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War es bis vor zwei Jahren für die österreichische Zimmerergemeinschaft noch ganz selbstverständlich, sich jährlich in Alpbach austauschen zu können, entfiel die Bildungswoche der Zimmerer nun zwei Jahre pandemiebedingt. Umso größer ist die Vorfreude des Organisationsteams rund um Holzbau-Meister Martin Stöckl auf die 52. Ausgabe der einzigartigen Bildungsveranstaltung.

Tradition und Moderne vereint

Seit 1972 gibt es die Veranstaltung in Alpbach, seit 2010 leitet Martin Stöckl das Organisationsteam. Landesinnungsmeister Simon Kathrein und sein Stellvertreter Leonhard Huetz sowie Engelbert Schrempf, einer der beiden holzbau austria-Geschäftsführer, unterstützen ihn tatkräftig. Von technischen Fachvorträgen bis hin zum traditionellen Blick über den Tellerrand haben sich die Organisatoren große Mühe gegeben, den Zahn der Zeit zu treffen. Ein Blick auf das Programm verrät, es ist ihnen gelungen.

Am Anreisetag, dem 16. Januar,  eröffnet traditionellerweise ein branchenfremder Gastredner. Russlandexperte und Putin-Kenner Univ.-Prof. Dr. Gerhard Mangott wird sein Insiderwissen mit den Teilnehmern der Bildungswoche teilen. Am anschließenden Begrüßungsabend kommt die ganze Runde zusammen, man tauscht sich aus und lernt einander bei einer Bierverkostung kennen.

Haus des Holzes – die Erkenntnisse

Die folgenden zwei Tage sind geprägt von Fachvorträgen. Die Palette reicht von Materialtechnik und Digitalisierung über steuerrechtliche Grundlagen bis hin zu tragwerksplanerischen und architektonischen Themen. Den Anfang macht der Schweizer Pirmin Jung, Architekt und Zimmerer. Er wird über das sechsgeschossige „Haus des Holzes“ berichten, bei dem er selbst als Bauherr fungierte. Nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip setzte man auf die Eigenschaften von Holz und fügte verschiedene innovative Technologien in hoher Qualität zusammen. 80 % des Gebäudes sind der Büro- und Gewerbenutzung vorbehalten, der Rest der Wohnnutzung. Im Gebäude entstanden 100 Arbeitsplätze – rund 60 für das Unternehmen Pirmin Jung und 40 für eingemietete Firmen. Speziell ist, dass eine Arbeitsgemeinschaft zur Errichtung gegründet wurde. Mitte Oktober fand der Bezug statt. Jung wird interessante Details aus seinen Erkenntnissen darlegen.

„Wie verändert sich das Handwerk von Zimmerleuten durch neue CNC-Abbundroboter“: Dieser Frage stellt sich Wolfgang Schwarzmann, Architekt und Doktorand sowie wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Liechtenstein. Der Waldfonds und das Bildungsprojekt holzbau_zukunft_austria sowie die Entwicklung des Holzbaus im Allgemeinen werden ebenso Thema sein. Den zweiten Tag schließt proHolz Tirol mit einem kleinen Buffet.

Am 18. Januar stellt sich der holzbauaffine Architekt Juri Troy der Frage, wie „Bauen trotz Klimawende“ gelingen kann. Weitere Themen sind der Holzbau aus der Perspektive der Bausachverständigen, die lückenlose Digitalisierung in der Baubranche, die Schnittstellen Bauphysik und Statik sowie viele spannende Themen mehr. Beim geselligen Hüttenabend klingt der dritte Tag aus.

Abseits des Fachs

Neben den Fachvorträgen erobern am Donnerstag der Bildungswoche Tom Walek – auch als Ö3-Mikromann bekannt und Fotograf Heinz Zak die Bühne. Ersterer wird von seinem Wettlauf zum Südpol erzählen und Zak von seinen Erfahrungen als Bergsteiger. Auch nächstes Jahr findet als fixer Bestandteil der Bildungswoche die heilige Messe in der Kirche Alpbach statt.

Am Freitag folgt ein Skirennen. Die Holzbau-Meister-Skiweltmeisterschaft wird als Riesentorlauf absolviert. Dabei gibt es eine Einzel- und zwei Gruppenwertungen. Auf die Sieger warten nicht nur von einem lokalen Schnitzer handgefertigte Wanderpokale, sondern zum Beispiel auch ein Gutschein für die Teilnahmegebühr an einer der nächstjährigen Bildungswochen. Das gesamte Programm der Bildungswoche ist als PDF einzusehen.

3 Fragen an: Martin Stöckl, Holzbau-Meister und Organisator

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Martin Stöckl, Holzbau-Meister und Organisator © WKO

Die Vorfreude nach zwei Jahren Pause ist groß. Was sind Ihre ganz persönlichen Highlights?
Zuerst einmal, dass die Bildungswoche wieder stattfinden kann. Zum Zweiten freut es mich, dass viele der Vortragenden nach langer Wartezeit bereit sind, zu referieren. Geringfügige Änderungen im Programm waren notwendig, da die vorherrschende Allgemeinsituation neue Themen aufgeworfen hat. Darüber hinaus bin ich stolz darauf, dass wir immer so hochkarätige Leute gewinnen können und jene uns über Jahre hinweg die Treue halten. Nicht zu vergessen sind die Aussteller, die zum Erfolg der Bildungswoche beitragen und ebenfalls immer wiederkehren.

Worüber reden die Zimmerer abseits der Vorträge, beispielsweise beim Bier und warum ist dieser Austausch so wichtig?
Durch die Enge „der schönsten Sackgasse der Welt“ trifft man sich unweigerlich in einem der wenigen Wirtshäuser. Wenn man sich zufällig kennenlernt und austauscht, erfährt man beispielsweise, wie die Detailplanung in Niederösterreich gemacht wird, wie in Vorarlberg. Da werden schon mal Pläne auf die Kassablöcke gezeichnet. Aber nicht nur das. Freundschaften entwickeln sich. Als es im vergangenen Jahr zu Materialengpässen kam, waren diese Netzwerke natürlich von Vorteil. Man konnte in anderen Bundesländern erfragen, ob es dort Möglichkeiten gäbe, bestimmte Produkte zu bekommen. Das sind auf den ersten Blick nur Kleinigkeiten. Auch wenn es um Mitarbeiterengpässe oder benötigte Fachkompetenzen geht – da ist der persönliche Austausch sehr wertvoll. Und das geht bei einem Bier einfach leichter.

Handelt es sich um eine eingefleischte Alpbach-Gemeinde oder sind Neueinsteiger willkommen?
Es gibt eine alte Alpbach-Gemeinschaft, die aber in den letzten zehn Jahren ziemlich erneuert wurde. Simon Kathrein, Leonhard Huetz und ich organisieren die Bildungswoche seit 2010. In dieser Zeit haben wir uns viele Gedanken gemacht, wie wir das Publikum erneuern können. Die Jungmeistergutscheine, die bei jeder Meisterbriefübergabe in ganz Österreich überreicht werden, haben sich etabliert. Daraus ergibt sich immer wieder junger Zuwachs. Wir sprechen von wachsenden Teilnehmerzahlen.