Sechs Auszeichnungen in Tirol

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 03.04.2023 - 12:09

Der Holzbauanteil steigt in Tirol, wie auch anderswo in Österreich, kontinuierlich. Diesen Trend veranschaulichte das Interesse am Tiroler Holzbaupreises eindrucksvoll. Mit rund 160 Projekten gab es so viele Einreichungen wie noch nie. Die Vielfalt von Gestaltungs- und Ausführungsmöglichkeiten mit dem Baustoff Holz kamen bei der feierlichen Verleihung am 29. März im Festsaal der Wirtschaftskammer Tirol in Innsbruck einmal mehr zum Ausdruck. In fünf Kategorien – „Wohnbau“, „Öffentliche Bauten“, „Gewerbliche Bauten“, „Weiterbauen“, „Export“ – gab es sechs Auszeichnungen sowie ebenso viele Anerkennungen. 

„Welche Schlüsselrolle der leichte Naturbaustoff bei Sanierungen und Umbauten sowie für sinnfällige Aufstockungen spielen kann, veranschaulichen eindrucksvoll die preisgekrönten Projekte im Bestand“, befindet Juryvorsitzender Univ.-Prof. Stephan Birk von der Technischen Universität München. Nicht nur die seit Jahren installierte Kategorie „Weiterbauen“ brachte die Notwendigkeit der Bestandsnutzung zum Vorschein. „In Bezug auf die Zielsetzung, den Bestand zu wahren sowie Abriss und Neubau zu vermeiden, wo immer es sinnvoll ist, stimmen diese Holzbauprojekte hoffnungsvoll.“

In der Kategorie Export zeichnete man Gebäude im Ausland aus, die von Tiroler Unternehmen mit Tiroler Holzbau-Know-how umgesetzt wurden. „Diese großmaßstäblichen Bauten sind herausragende Beispiele für die Leistungsfähigkeit des modernen Holzbaus. Es wäre wünschenswert, solche Projektgrößen mit dieser Qualität zukünftig auch vermehrt in Tirol zu sehen“, wünscht sich Birk. „Im mehrgeschossigen und großvolumigen Wohnbau ist diese Entwicklung mit wenigen Ausnahmen bei uns noch nicht angekommen. Da geht noch mehr – viel mehr“, findet auch Landeshauptmann-Stellvertreter für Forstwirtschaft, Bau- und Raumordnung und Energie, Josef Geisler.

Neben Univ.-Prof. Stephan Birk fungierten als Juroren auch Univ.-Prof. Dr. Annette Hafner (Ruhr-Universität Bochum), Oskar Beer (Landesinnungsmeister Steiermark) sowie Dr. Richard Woschitz (Woschitz group).

Auszeichnung Wohnbau: Anna Katharina, Fieberbrunn

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Anna Katharina, Fieberbrunn © defrancesco photography

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© defrancesco photography

Das Besondere an diesem Holzbauprojekt ist die von Anfang an intensive Beschäftigung mit der Kreislaufwirtschaft Holz und dem Einsatz von Holz aus dem eigenen Wald. Das Holz hat das Tal nie verlassen. Es wurde bauteilgerecht im Wald ausgesucht und den Vorgaben des Zimmermeisters entsprechend im Sägewerk geschnitten sowie vor Ort getrocknet. Holz-Beton-Verbunddecken mit Schubkerven, versteckte Überzügen, Schwalbenschwanzverbindungen bei der innen liegenden Schalung und die als Viertelkreis aus den Baumstämmen herausgeschnittenen Balkonverkleidungsbrüstungen zeigen die Besonderheiten des preiswürdigen Wohngebäudes.

Bauherr: Katharina Trixl
Planung: Eckert Architekten
Statik und Ausführung:
Hannes Rettenwander – Josef Foidl

Auszeichnung Öffentliche Bauten: HTL Bau und Design, Innsbruck

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HTL Bau und Design, Innsbruck © David Schreyer

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© David Schreyer

Die Erweiterung des Schulkomplexes war notwentig, um benötigte zusätzliche Unterrichtsfläche zu schaffen. Durch eine Aufstockung des bestehenden viergeschossigen Gebäudes und mit wenigen gekonnten Maßnahmen ließen die Planenden eine großzügige Unterrichtslandschaft entstehen, die Ateliercharakter besitzt. Das weitgespannte Holz-Stahl-Hybridtragwerk mit ausgebildeten Sheds, bestimmt die Raumwirkung. Von außen bleibt die Aufstockung mit einer wohlproportionierten Fassade aus umlaufendem Fensterband und darüberliegender Holzverkleidung ablesbar und vervollständigt den Bestandsbau.

Bauherr: BIG Bundesimmobiliengesellschaft
Planung: ao-architekten 
Statik: Alfred R. Brunnsteiner
Ausführung: Schmid Holzbau

Auszeichnung Gewerbliche Bauten: Bürogebäude ASI Reisen, Natters

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Bürogebäude ASI Reisen, Natters © Christian Flatscher

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© Christian Flatscher

Dieser spannende Bürobau überzeugte die Jury durch seine Durcharbeitung auf allen Ebenen. Der gut durchgeplante Holzbau mit innen holzsichtiger Wand- und Deckenausbildung ist gepaart mit einem innovativen Bürokonzept. Der Ausblick wird durch die unabhängig davorgesetzte begrünte Fassade gerahmt, die je nach Himmelsrichtung als zusätzlicher Balkonraum genutzt werden kann und das äußere Erscheinungsbild prägt.

Bauherr: ASI Reisen
Planung: Snøhetta Studio Innsbruck
Statik: tragwerkspartner
Ausführung: Huter & Söhne

Auszeichnung Weiterbauen: Schupfen Gröbenhof, Fulpmes

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Schupfen Gröbenhof, Fulpmes © David Schreyer

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© David Schreyer

Eine kleine Aufgabe, ein junger Architekt, ein schöner Ort mit Alpenpanorama, ein unbenutzter Stadel. Diese Zutaten sind der Stoff für dieses Wohnbauprojekt. Der von außen fast unauffällige Bestandsbau wurde so gelungen als Haus im Haus weitergebaut, dass er von innen ein echtes Raumwunder ist. Begibt man sich über die Treppe ins Obergeschoss, erwartet einen eine mit Holzsichtoberflächen hochwertig ausgestattete Raumfolge aus Küche, Wohnraum, Arbeiten und Schlafzimmer. Dieses Projekt ist ein Kleinod und kann den Weg zeigen, welche Potenziale im Bauen im Bestand und Weiterbauen liegen.

Auftraggeber: Familie Schüller
Planung: Jakob Siessl und Florian Schüller
Statik und Ausführung: Zimmerei Kößler & Annabith

Auszeichnung Export: Bahnhof und Rathaus, Växjö/SE

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Bahnhof und Rathaus, Växjö/SE © Anders Bergön

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© Anders Bergön

Ein überdimensionales, wetterfestes „Zelt“ – darunter ein  großes Volumen aus Holz: Die Holzkonstruktion hat ein elegantes, steil abfallendes Dach, wobei die Außenflächen des Gebäudes vorwiegend von Glas dominiert werden, während die Innenräume fast vollständig in Holz gehalten sind. Weitere Kriterien für die Auszeichnung: Das Gebäude besticht nicht nur durch ein klares und sauberes Engineering der Holzkonstruktion, sondern auch in der Gesamtabwicklung durch Implementierung der technischen Gebäudeleistung mittels 3D-Modell und Building Information Modeling sowie Produktionsmodellierung. 

Auftraggeber: Stadt Växjö
Planung: Sweco Architects
Statik und Ausführung: Binderholz Bausysteme 
Ausführung: Skanska Sverige, Flexrock Sverige

Auszeichnung Export: Vindmøllebakken, Stavanger/NO

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Vindmøllebakken, Stavanger/NO © Helen & Hard

Vier Stadthäuser um einen ruhigen Innenhof arrangiert, bilden einen vollständig aus Holz konstruierten Gebäudekomplex. Die privaten Wohnbereiche werden durch rund 500 m2 gemeinsam nutzbare Flächen ergänzt, Herzstück bildet ein Wohnzimmer mit doppelter Raumhöhe. „Gaining by Sharing“ – das Teilen liegt dem bereits vielfach ausgezeichneten Projekt als sozial nachhaltiges Prinzip zugrunde. „Vindmøllebakken ist ein auf vielen Ebenen herausragendes Beispiel für den mehrgeschossigen, verdichteten Wohnungsbau mit Holz, wie man ihn sich zukünftig auch in Tirol wünschen würde", heißt es in der Jurybewertung.

Auftraggeber: Kruse Smith Eiendom
Planung: Helen & Hard
Statik: SJB Kempter Fitze
Ausführung: Holzbau Saurer