Die Weichen stehen auf Zukunft

Ein Artikel von Raphael Zeman | 28.10.2025 - 08:45
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Semi­nar­lei­terin Sylvia Polleres begrüßte die rund 170 Teil­neh­menden des Bran­chen­treffs zu den 19. Holz_Haus_­Tagen in Bad Ischl. © Holzforschung Austria

Nach der traditionellen Begrüßung durch Seminarleiterin Sylvia Polleres (Holzforschung Austria, HFA) eröffnete Simon Kathrein, Bundesinnungsmeister Holzbau, die mittlerweile 19. Ausgabe der Holz_Haus_Tage, bei denen die Bundesinnung Holzbau sowie der Fertighausverband als Kooperationspartner fungierten. Mit den Schlussworten „zukunftsfähiger Holzbau soll das Motto für die nächsten 100 Jahre und darüber hinaus bleiben“, übergab Kathrein die Bühne an die Referenten.

Chancen

Der erste Vortrag des Blocks „Chancen“ wurde von Prof. Dr. Winfried Heusler (Institutsleiter ift Rosenheim) gehalten. Er sprach dabei über die Welt im Wandel, die Krise des konventionellen Bauens, überbordende Vorschriften und Bürokratie. Mut machte er den Anwesenden mit dem Verweis, dass Holzbauten wandlungsfähig sind und dadurch ideal für unbeständige Zeiten geeignet seien. Als Handlungsempfehlung riet er zum Aufbauen von Netzwerken, zudem müsse man sich entscheiden, ob man im Basis- oder Premiumsegment arbeiten will.

Ihm folgte Dominik Philipp (CEO und Partner, Dietrich | Untertrifaller Architekten) mit seinem Vortrag „Same same but different“ nach. Die Kernaussage: Serielle (Vor-)Fertigung und Individualität sind kein Widerspruch. Es gäbe in den meisten Projekten serielle und individuelle Bauteile, gerade im Städtebau sorge das für Flexibilität. Philipp präsentierte im Zuge dessen auch ein Baukastensystem für Städte, mittels BIM habe man immer eine Übersicht, wo welche Teile verbaut sind – und könne diese in weiterer Folge wiederverwenden. Zudem verwies er auf die Möglichkeit für Städte, die finanziell nicht gut aufgestellt sind, Bauteile zu mieten.

Mit Sonja Hohengasser übernahm dann eine weitere Architektin das Mikrofon. Sie stellte unter dem Motto „Bestand als Chance“ ausgewählte Projekte vor, die jeweils einen spannenden Umgang mit bestehender Bausubstanz aufzeigen. Mit einem dieser Projekte konnte sie am selben Abend einen der Hauptpreise beim Kärntner Holzbaupreis abräumen. In ihrem Vortrag merkte Hohengasser nebenbei an, dass es ohne Förderungen fast schon unmöglich sei zu bauen und forderte einen Wandel von der „Baukultur zur Um.Baukultur“.

Herausforderungen

Den zweiten Block eröffnete Adrian Blödt (IB für Bauphysik und Blödt Holzkomplettbau, Präsident des Holzbau Deutschland Instituts). Er referierte über die Deckensanierung im Bestand, schallschutztechnische Herausforderungen, Planung und Lösungen. Seine essenzielle Botschaft: Auch im Altbau können bei der richtigen Sanierungsmethode gute Ergebnisse hinsichtlich des Schallschutzes beziehungsweise Werte wie im Neubau erreicht werden.

Petra Fortmüller (Doktorandin an der TU Graz) präsentierte daraufhin holzbauadäquate Badezimmerplanung mithilfe des online zugänglichen, kostenlosen Konfigurators „CLT_Plumbing_Designer“. Sie riet dazu, gewerkeübergreifend zu denken und planen, digitale Planungswerkzeuge zu nutzen und zu standardisieren. Holzbauadäquate Installationen müssen laut ihr unter anderem kompakt geführt und zugänglich sein, über wenig Rohrverbindungsstellen verfügen und weitgehend vorgefertigt sein.

Kreislauf

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Sylvia Polleres wurde im Zuge der Veranstaltung für 25 Jahre im Dienste der Holzforschung Austria geehrt. © Holzforschung Austria

Der letzte Block des Tages begann mit dem Vortrag „Altholz bringt den Kreislauf in Schwung“ von Dr. Martin Weigl-Kuska (HFA). Er wählte eine humorvolle Präsentationsweise samt Jonglieren und einer nicht ganz ernstgemeinten Konversation mit ChatGPT. So brachte er den Zuhörenden gemäß seinem Vortragstitel die Verfügbarkeit, Qualität und zirkulären Verwertungswege von Altholz näher und präsentierte außerdem die Ergebnisse des Forschungsprojekts TimberLoop sowie das Kreislaufwirtschaftsmodell TripleA.

Auf Weigl-Kuska folgte Simon Winter (HFA), der sich mit Holz und Ökobilanzierung im Kontext der Kreislaufwirtschaft sowie der neuen Bauprodukteverordnung (CPRnew) beschäftigte. Branchenteilnehmer werden durch die steigenden Anforderungen beim Nachweis der ambitionierten Nachhaltigkeitsziele der Europäischen Union herausgefordert. Dem begegnet die Holzforschung Austria im neuen Projekt „Key2Store“ mit der Entwicklung bedarfsorientierter und effizienter Lösungen sowie einer praxisnahen Herangehensweise an die Thematik.

Im Anschluss daran fand ein, im Programm nicht erwähntes Zwischenspiel statt: Georg Niedersüß (Präsident HFA) und Dr. Gerhard Grüll (Geschäftsführer HFA) überraschten die stellvertretende Geschäftsführerin, Bereichsleiterin Holzhausbau und Hauptverantwortliche für das Programm der Holz_Haus_Tage Sylvia Polleres mit einer Gratulation zum 25-jährigen Dienstjubiläum.

Den Abschluss des ersten Tages markierte wie immer ein fachfremder Vortrag, diesmal gehalten vom Neurobiologen Dr. Bernd Hufnagl. Er zeigte den Einfluss von digitalem Dauerstress auf die menschliche Psyche auf und gab hilfreiche Tipps, wie man wieder zu innerer Ruhe und Ausgeglichenheit finden kann

Forschung und Entwicklung

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Die Ausstel­lung bot wieder genug Raum für Gespräche und die Netz­werk­pflege. © Holzforschung Austria

Der zweite Tag wurde durch Siegfried Kohler (DKS GmbH) mit seinem Vortrag zum Thema Standardisierung und Systematisierung eröffnet. Dabei zeigte er die zunehmende Komplexität im Holzbau auf und hielt fest: „Der Holzbau hat sich sensationell innovativ entwickelt – und das sollte man immer wieder hervorheben.“ Dennoch reiche es nicht, etwas zu erfinden – erst wenn es vom Markt angenommen werde, gilt es als Innovation. Bei der Reduktion der Komplexität sieht er die Interessenvertreter und Verbände gefordert.

Anschließend präsentierte Dr. Bernd Nusser mit seinem Referat „Schallschutzplanung 2026+“ die kommende bauakustische Planungsnorm ÖNROM B 8115-4:2025 und was sie für den Holzbau bedeutet. Er bedankte sich zudem bei den finanziellen Unterstützern der diversen Forschungsprojekte der HFA und forderte diese zugleich auf, weiterhin zu fördern – denn „Forschung kostet Geld“.

Im folgenden Vortrag präsentierte Reinhold Steinmaurer (holzbau austria) die Pflichten im Bauarbeitenkoordinationsgesetz anhand wesentlicher Erkenntnisse aus Urteilen des Obersten Gerichtshofs. Mehr dazu lesen Sie auf den Seiten 56 und 67.

Prof. Dr. Maren Kohaus (TH Rosenheim – Fakultät Holztechnik und Bau) beschäftigte sich daraufhin mit den Verwitterungsphänomenen von naturbelassenen Holzfassaden und stellte dahingehend die Frage: „Wann ist ein Gebäude eigentlich fertig?“ Ihr Fazit: Die Verwitterung von unbehandelten Fassade kann als Chance betrachtet und ganz bewusst eingesetzt werden.

Philipp Trimmel (HFA) stellte im Anschluss das Brandverhalten von beschichteter Hobelware vor. Im Forschungsprojekt HOBRA wurden von der HFA über 100 unterschiedliche Beschichtungssysteme analysiert.
Zu guter Letzt referierte Dr. Thomas Engel (TU München) über das Brandverhalten begrünter Fassaden. Er gab insofern Entwarnung, als das nicht fassadengebundene Systeme so gut wie unbedenklich seien – als entscheidende Stellschraube sieht er die Wartung und Pflege der Pflanzen.