Problem mit der örtlichen Bauaufsicht

Ein Artikel von Dr. Bernd Haintz | 27.04.2020 - 11:11
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Dr. Bernd Haintz, Wirtschaftskammer Steiermark © Foto Fischer

In vorliegendem Fall klagt die Versicherung eines Bauunternehmens den mit der örtlichen Bauaufsicht (ÖBA) beauftragten, kurz nach Prozessbeginn jedoch verstorbenen Architekten. Dieser wurde durch die Bauherrin beauftragt. Für den Unterboden kam ein Subunternehmen zum Zug, welches jedoch sein Gewerk mangelhaft ausführte, weil das Mischgut eine viel zu hohe Feuchtigkeit aufwies und die Bitumenschicht eine Feuchtigkeitsaufnahme nach unten über die Rohdecke ausschloss. Daher wurde weder die notwendige Austrocknungszeit eingehalten noch genügten die eingesetzten Folien den Anforderungen einer Dampfbremse. Folge war, dass ein auf dem Unterboden verlegter Laminatboden beschädigt wurde. Die Baufirma verlor zuvor einen Schadenersatzprozess und wurde zur Zahlung der Schadensbehebung verurteilt. Nach den gerichtlichen Ausführungen war für das Subunternehmen und für die Bauaufsicht leicht erkennbar, dass das eingebrachte Mischgut eine viel zu hohe Feuchtigkeit aufwies und die eingesetzten Folien keiner Dampfbremse entsprachen. Auch, dass die Bitumenschicht eine Feuchtigkeitsaufnahme nach unten ausschloss, wäre vom durchschnittlich befähigten, sorgfältigen Fachmann und der örtlichen Bauaufsicht bei der Beurteilung der notwendigen Austrocknung berücksichtigt worden. Daher übernahm die klagende Versicherung zuvor den Schaden. Vom Subunternehmer war nichts zu holen – Insolvenz.

Aufgaben der Bauaufsicht

Nun klagte das Versicherungsunternehmen die Verlassenschaft des verstorbenen Architekten auf die Hälfte des übernommenen Schadens, da dieser den Aufsichtspflichten nicht nachkam und die vorzeitige Verlegung des Bodens auf einem nassen Estrich nicht verhindert hätte. Die Baufirma hätte, so die Versicherung, darauf vertrauen dürfen, dass die Bauaufsicht ihre Aufgaben erfüllt, daher auch den Schaden mittragen müsse. Da es vertraglich wenig über die Pflichten des Architekten gab, bezog man sich auf Grundsätzliches: Überwachung der Arbeit auf Übereinstimmung mit den Plänen, Einhaltung der technischen Regeln, der behördlichen Vorschriften und des Zeitplans, Abnahme von Teilleistungen und die Kontrolle der für die Abrechnung erforderlichen Abmessungen, Führung des Baubuchs etc. Eine solche Überwachungspflicht wurde allerdings verletzt, weil die zu hohe Feuchtigkeit des Unterbodens nicht bemerkt und die dadurch längere Trocknungszeit sowie die Notwendigkeit und die fehlende Eignung einer Dampfbremse verkannt wurden. Wie schon zuvor in Urteilen, wurde hier gemeint, dass die ÖBA den Bauherrn vor Fehlern, nicht aber die auf der Baustelle tätigen Unternehmen schützen muss. Die Überwachung erfolgt ausschließlich im Interesse des Auftraggebers. So kann der Auftragnehmer grundsätzlich bei Verletzung einer damit verbundenen Verpflichtung des beteiligten Ziviltechnikers keine Haftungsminderung geltend machen. Jedoch kann ein Schaden, der ursprünglich in voller Höhe dem Bauherrn ersetzt werden musste, anteilig von der ÖBA teilweise verlangt werden, wenn besondere Gründe vorliegen. Die Höhe dieses Rückgriffsanspruchs richtet sich nach der Schwere des jeweiligen Verschuldens der zwei Schädiger. Ob allerdings auf die Bauaufsicht zurückgegriffen werden kann, ist immer einzeln zu untersuchen. Was auch bereits so entschieden wurde. Jedoch kann die Ausprägung der Zurechnungsgründe im Einzelfall dazu führen, dass die Haftung der örtlichen Bauaufsicht im Innenverhältnis gänzlich entfällt. Die beiderseitige Haftung der Bauaufsicht und des sorglosen Unternehmens zusammen gegenüber dem Bauherrn knüpft an eine Verletzung „eigener“ Sorgfaltspflichten der Bauaufsicht. Ohne besonders sorgfaltswidriges und schuldhaftes Tun der Bauaufsicht haftet sie nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nur das Unternehmen und nicht die Bauaufsicht die mangelfreie Erbringung des Werks schuldet und die ÖBA nicht die Befreiung des Auftragnehmers von dieser Verpflichtung bezweckt. Darüber hinaus ist zu beachten, dass der überwachende Architekt bloß die Pflicht zur Überwachung der Ausführungsarbeiten verletzt, der Werkunternehmer jedoch den Schaden durch aktives Tun herbeigeführt hat. Dies spricht normal für die überwiegende, wenn nicht sogar die alleinige Haftung des Werkunternehmers, vor allem in Bezug auf den Mangelschaden.

Grobe Fahrlässigkeit des Subunternehmers

Eine andere Beurteilung könnte aber im Einzelfall (so etwa bei stark überwiegendem Verschulden der örtlichen Bauaufsicht) möglich sein. Hier jedoch nicht. Dem den Unterboden verpfuscht habenden Subunternehmer, dessen Verhalten seinem Auftraggeber anzulasten ist, war grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, da das falsche Mischverhältnis des Betons mit Sorgfalt leicht erkennbar und auch die daraus resultierenden Folgen mit einer längeren Austrocknungszeit und Ausführung einer Dampfbremse beherrschbar gewesen wären. Das richtige Betonmischverhältnis betrifft geradezu den Kern des von dem Bauausführenden herzustellenden Unterbodens. Also liegt die Haftung bei diesem. Selbst wenn man meint, so der OGH, dass die Verantwortung des Architekten nicht vernachlässigbar ist, weil auch ihm die Untauglichkeit des Gewerks leicht erkennbar gewesen wäre, ist zu beachten, dass er zuvor freiwillig Schadenersatz von 14.000 €, das sind ca. 13 % der gesamten Behebungskosten, leistete, was lt. OGH jedenfalls ausreichend ist.