Schimmelbildung durch Planungs- und Ausführungsmängel

Ein Artikel von Engelbert Schrempf | 29.04.2021 - 08:57
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Holzbau-Meister Engelbert Schrempf

Die ÖNORM B 8110-2 ist für die bauphysikalische Planung von neuen Gebäuden und für den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit bestehender Gebäude hinsichtlich der Feuchtebeanspruchung aus dem Gebäudeinneren anzuwenden. Die beiden Feuchtetransportarten – Wasserdampfdiffusion und Wasserdampfkonvektion – können bei Nichtbeachtung in der Ausführung oder bei einer falschen Planung im Holzbau zu Schimmelschäden führen. Neben der Überarbeitung von nachweisfreien Konstruktionen wurde auch eine Methodik zur Ermittlung des Wasserdampfeintrages in das Innere von Bauteilen durch Wasserdampfkonvektion ergänzt. Somit wird neben der Diffusion auch die Feuchtetransportart Konvektion berücksichtigt.

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Feuchtetransportarten: Diffusion und Konvektion © Engelbert Schrempf

Schimmelschäden im Holzbau aufgrund von Wasserdampfdiffusion sind heutzutage fast ausschließlich nur mehr dort vorzufinden, wo alle Außenbauteile wie Wand- und Dachkonstruktionen nicht (!) diffusionsoffen nach außen geplant und ausgeführt werden. Feuchteschäden aufgrund von Wasserdampfdiffusion treten am ehesten bei Flachdächern in Holzleichtbau und ohne Hinterlüftung oder bei fehlender Überdämmung auf. Auch in diesem Bereich kam es in den letzten Jahren zu großen Verbesserungen durch verstärktes Qualitätsmanagement und mehr Know-how über die Funktionsweise derartiger Aufbauten. Vereinzelt sind Feuchteschäden bei der thermischen Steildachsanierung von innen, wenn außen dampfdichte Schichten wie Bitumenbahnen als regensicheres Unterdach eingebaut wurden, vorzufinden.

Diffusionsoffen oder diffusionsdicht und dazwischen?

In der ÖNORM B 8110-2 (2020) sowie in der DIN-Norm 4108-3 (2018) können Schichten nach ihrem sd-Wert wie folgt eingeteilt werden:

  • sd ≤ 0,5 m (diffusionsoffen)
  • 0,5 m < sd ≤ 10 m (diffusionsbremsend)
  • 10 m < sd ≤ 100 m (diffusionshemmend)
  • 100 m < sd < 1500 m (diffusionssperrend)
  • sd ≥ 1500 m (diffusionsdicht)

Nachweisfreie Konstruktionen

Die in der Praxis bewährten Konstruktionen wurden in der ÖNORM überarbeitet und neu dargestellt. Von gesamt 30 Beispielen für nachweisfreie Konstruktionen treffen 18 neue Beispiele auf den Holzleichtbau und den Holzmassivbau zu. Bei den sogenannten nachweisfreien Konstruktionen wird kein schadenverursachendes Kondensat im Inneren der Bauteile erwartet. Vorausgesetzt wird dabei eine fachgerechte Ausführung und die Verwendung von Bauteilschichten, welche den derzeit gültigen Normen entsprechen. Als Bemessungsklima für innen wird die Luftfeuchteklasse 3 nach ÖNORM EN ISO 13788 angenommen.

Ein Auszug der relevanten nachweisfreien Aufbauten

Dargestellt in Prinzipskizzen und anlehnend an die ÖNORM B 8110-2 (2020):

Notwendigkeit rechnerischer Nachweise

Unter anderem sind rechnerische Nachweise notwendig bei:

  • Unbelüfteten Flachdächern in Holzleichtbauweise
  • Unbelüfteten Flachdächern in Holzleichtbauweise mit außenliegender Zusatzdämmung in Verbindung mit Dachbegrünung/-bekiesung oder Verschattung
  • Steildächern mit Vollsparrendämmung ohne Hinterlüftung und außen dampfdichten Unterdachbahnen
  • Steildachsanierungen von außen, wenn die Dämmung im Gefach bestehen bleibt
  • Innendämmung bei der Sanierung von Fachwerkshäusern
  • Innendämmung bei Blockhäusern mit außen sichtbarem Block
  • Geschossdeckendämmung zum kalten, begehbaren Dachboden, wenn die äußere
    Bauteilschicht einen größeren sd-Wert als innen aufweist (z.B. OSB-Platten)
  • Gebäuden (Holzhäusern), bei denen erhöhte Feuchtelasten zu erwarten sind

Nachweismethoden

Die Berechnung von Tauwasserbildung im Inneren von Bauteilen kann mittels stationärer oder instationärer (dynamischer) Rechenverfahren erfolgen. Zu den stationären Berechnungsmethoden gehört das Glaser-Verfahren, zu den instationären Berechnungsmethoden zählen Simulationsprogramme wie z.B. WUFI und Delphin.

Glaser-Verfahren

Das Glaser-Verfahren kann sowohl rechnerisch als auch grafisch (Glaser-Diagramm) erfolgen. Dabei wird eine mögliche Tauwasserbildung im Inneren der gewählten Bauteile infolge von Wasserdampfdiffusionsvorgängen abgeschätzt. In der Berechnung werden aufgrund der Materialeigenschaften der Sättigungs- und Partialdruck der Luft gegenübergestellt. Das Glaser-Verfahren vernachlässigt jedoch einige wichtige Aspekte wie Kapillarleitung, Materialfeuchte sowie Feuchteaufnahme durch Schlagregen und die Sonneneinstrahlung.

Hygrothermische Simulationen

Das Feuchteverhalten von Bauteilaufbauten durch Diffusion wird meist mittels hygrothermischer Simulationen durch die Programme WUFI („Wärme und Feuchte instationär“) oder Delphin durchgeführt. Dabei werden mögliche Feuchteschäden im Bauteil beleuchtet. Als Randbedingungen neben Bauteilaufbau und Materialien werden Außenklima, Innenklima (Raumklima), Anfangsfeuchte (Baufeuchte), Ausrichtung und Orientierung der Wand- und Dachflächen inkl. Verschattung sowie Neigung und Farbe der Wand- und Dacheindeckung miteinbezogen.