In diesem Beitrag beleuchten wir die zentralen Änderungen, ihre Auswirkungen auf die Prüfung und Perspektiven für die Holzbau-Meister.
Zugang zum Gewerbe Holzbau-Meister
Irene Novak-Hodnik, Stv. Geschäftsführerin Bundesinnung Holzbau und Stefan Leitner, Experte für Bildung sowie Mitglied der Geschäftsführung holzbau austria © WKO | WKOÖ
In Österreich ist der Zugang zum Holzbau-Meister-Gewerbe reglementiert. Um sich als Holzbau-Meister selbstständig zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Abschluss einer einschlägigen Ausbildung: Dies kann beispielsweise eine Lehre im Bereich Zimmerei oder eine vergleichbare Fachausbildung sein.
- Nachweis praktischer Erfahrung: Eine mehrjährige Berufserfahrung in leitender Funktion, beispielsweise als Polier oder Bauleiter, ist erforderlich.
- Erfolgreiche Ablegung der Befähigungsprüfung: Diese Prüfung bescheinigt die fachliche Eignung für das Gewerbe des Holzbau-Meisters.
Ein Zugang über eine individuelle Befähigung ist für dieses Gewerbe nicht möglich. Die neue Befähigungsprüfungsordnung ist seit 1. Juli 2025 gültig. In diesem Beitrag geben wir einen kurzen Überblick:
Erforderliche Anpassungen an Regelwerke und Holzbau-Praxis
2016 ist das NQR-Gesetz in Österreich in Kraft getreten. Dieses regelt die Zuordnung von Qualifikationen zu einem der acht Niveaus des Nationalen Qualifikationsrahmens (NQR).
2017 wurde in einer Novelle der Gewerbeordnung festgelegt, wie Meister- und Befähigungsprüfungen formuliert sein müssen. Beispielsweise müssen Lernergebnisse in Form von Kenntnissen, Fertigkeiten und Kompetenzen nachgewiesen werden. Aufgrund dessen wurden in den letzten Jahren alle Meister- und Befähigungsprüfungen überarbeitet.
Es gibt aber auch andere als rechtliche Gründe für die Überarbeitung der Befähigungsprüfung Holzbau-Meister: Im Holzbau wurde die Prüfungsordnung an die Anforderungen an die Holzbau-Meister in der Praxis angepasst. Durch technische Entwicklungen, neue Werkstoffe und geänderte baurechtliche Rahmenbedingungen sind Gebäude und Konstruktionen aus Holz in den letzten Jahrzehnten nicht nur größer und höher, sondern auch komplexer geworden. Hybridkonstruktionen sind in der neuen Befähigungsprüfungsordnung genauso abgebildet wie Generalunternehmer-Kompetenzen. Die Zukunftsthemen Sanierung und Bauen im Bestand werden stärker als bisher berücksichtigt.
Was ist der nationale Qualifikationsrahmen (NQR)?
Tabelle 1: Nationaler Qualifikationsrahmen, bereits zugeordnete Ausbildungen in Österreich; Einstufung der Holzbau-Meister- Befähigungsprüfung auf NQR-Niveau 7 noch nicht erfolgt; Quelle: ibw
Der Nationale Qualifikationsrahmen (NQR) ist ein Instrument zur Einordnung von Qualifikationen in acht international vergleichbare Niveaus. Ziel ist die Transparenz und Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen. Dabei spielt es keine Rolle, ob Kompetenzen im schulischen, hochschulischen oder beruflichen Kontext erworben wurden – entscheidend ist das erreichte Kompetenzniveau.
Alle Meisterprüfungen sind dem Niveau 6 zugeordnet. Die ehemaligen Bauhandwerke (zum Beispiel Baumeister, Brunnenmeister, Holzbau-Meister und Steinmetzmeister) streben eine Einordnung in Niveau 7 an bzw. wurde der Baumeister bereits dem NQR-Niveau 7 zugeordnet.
Die neue Befähigungsprüfung Holzbau-Meister ist aktuell noch keinem NQR-Niveau zugeordnet, lässt aber eine Einreichung auf Niveau 7 zu. Damit wären die Holzbau-Meister etwa den Baumeistern und den Ziviltechnikern gleichgestellt. Das entspricht auch ihren ähnlich weitreichenden gewerberechtlichen Befugnissen und Kompetenzen.
Was bedeutet NQR-Niveau 7?
Eine Beschreibung der Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen der einzelnen NQR-Niveaus findet sich im NQR-Gesetz. Im Niveau 7 werden beispielweise „hoch spezialisiertes Wissen“, „neueste Erkenntnisse“ und „innovative Denkansätze“ angeführt. Die dort ebenfalls genannten „Problemlösungsfähigkeiten in neuen oder unvertrauten Zusammenhängen“ müssen viele Holzbau-Meister in ihrer betrieblichen Praxis regelmäßig unter Beweis stellen.
Zeitlicher Ablauf der Einführung der Befähigungsprüfungsordnung:
- Kundmachung: November 2024
- Inkrafttreten: 01.07.20205
- 12 Monate Übergangsfrist: Wenn die Befähigungsprüfung schon vor 01.07.2025 begonnen wurde, darf bis zum Ende der Übergangsfrist die restliche Prüfung noch im alten Reglement abgelegt werden.
Begriffserklärungen
- Lernergebnisse: Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen, die in einer Aus-, Fort- oder Weiterbildung, im Arbeitsprozess oder in einem nicht geregelten Lernprozess erworben werden
- Kenntnisse: Theorie, die notwendig ist, um eine Aufgabe (Lernergebnisse) und die dazugehörigen Fertigkeiten professionell ausführen zu können.
- Fertigkeiten: Handlungen und Tätigkeiten, die notwendig sind, um eine Aufgabe (Lernergebnis) professionell ausführen zu können.
- Kompetenz: Ausmaß an Selbständigkeit und Übernahme von Verantwortung
Wie ist die neue Befähigungsprüfung aufgebaut?
Wie bisher ist die Prüfung in drei Module gegliedert. Neu ist, dass Modul 1 abgeschlossen sein muss, bevor man zu Modul 2 und 3 antreten kann. Die einzelnen Module sind in verschiedene Gegenstände gegliedert. In den Gegenständen werden Lernergebnisse beschrieben, die je nach Gegenstand komplett oder ausgewählt geprüft werden. Nicht nur Lernergebnisse, sondern auch die Beurteilungskriterien werden angegeben. In vielen Gegenständen wird dabei auf die Innovationsfähigkeit hingewiesen. Damit werden Standardlösungen eingeschränkt.
Ein Kernstück der neuen Prüfungsordnung findet sich in den beiden Anlagen. In den so genannten Qualifikationsstandards werden den Lernergebnissen Kenntnisse und Fertigkeiten, die den Berechtigungsumfang des Gewerbes Holzbau-Meister beschreiben, in einer umfangreichen Tabelle zugeordnet.
Alle Inhalte des Qualifikationsstandards sind prüfungsrelevant. Es gibt allerdings keine Priorisierung, da alle Lernergebnisse gleichwertig sind.
Mehr Praxisorientierung, längere Prüfungsdauer
Tabelle 3: Ein Auszug der Qualifikationsstandards aus dem Anhang der Befähigungsprüfungsordnung Holzbau-Meister; Quelle: ris.bka.gv.at
Eine Einordnung in die NQR-Niveaus 6 und 7 erfordert ein hohes Maß an Praxisorientierung. Sie verlangt über das Lösen von Standardsituationen hinaus das Meistern von komplexen Aufgabenstellungen, Innovationsfähigkeit und strategisches Denken. Die neue Prüfungsordnung wird der unternehmerischen Praxis in diesem Punkt sehr gut gerecht. Für die Prüfungsaufgaben leitet sich daraus ab:
- Aufgabenstellungen aus der beruflichen Praxis
- Lösung muss praxistauglich sein
- Zumeist gibt es nicht nur eine richtige Lösung
Im Vergleich zur bisherigen Holzbau-Meister-Prüfung, wird sich die Prüfungsdauer deutlich verlängern. Dies deshalb, da einerseits umfangreiche Prüfungsunterlagen zu Anfang der Prüfung zu sichten sind, andererseits sollen die Kandidaten auch genug Zeit haben, um sich mit den Aufgaben auseinandersetzen zu können.
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