Der Planer kennt das Baugesetz nicht? Sein Pech!

Ein Artikel von Dr. Bernd Haintz | 09.08.2021 - 08:15
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© Dr. Bernd Haintz, Wirtschaftskammer Steiermark

Die Klägerin betreibt einen Landgasthof und beauftragte eine Architekturgesellschaft mit Planungsarbeiten für einen Umbau, nämlich die Sanierung und Aufstockung des Gebäudes. Die Planungsgesellschaft übermittelte nach einer Kostenaufstellung und Vorentwurfsplanung weitere Planungsunterlagen („Entwurfs- und Einreichungsplanung“). Der Leistungsumfang wurde wie folgt definiert: „Durcharbeitung des grundsätzlichen Lösungsvorschlages der Aufgabe aufgrund des genehmigten Vorentwurfs unter Berücksichtigung der Rahmenendbedingungen (…)“ und „Erstellung von behördlich geforderten Einreichplänen auf Grundlage des freigegebenen Entwurfs, Führung der notwendigen Verhandlungen bis zur Baubewilligung Einreichung (...)“.

Die Eigentümerin zahlte die dafür jeweils verrechneten Honorare. Beiden Seiten war bewusst, dass das geplante Bauvorhaben den vorgeschriebenen Abstand zum Nachbargrundstück nicht einhalten würde. Der Planer wies aber fälschlicherweise darauf hin, dass eine Bewilligung des Vorhabens voraussetze, „die Gemeinde mit ins Boot“ zu holen und auch die Zustimmung der Nachbarn zu erhalten, dann werde man das Projekt „durchbringen“. Um die Einholung der Zustimmung der Nachbarn sollte sich die Bauherrin selbst kümmern; dass der Planverfasser dem Bauansuchen aber seinerseits eine gesetzlich vorgeschriebene Begründung für die Zulässigkeit der Abstandsunterschreitung anschließen sollte, war nicht vereinbart. Und genau dies sollte dann die Bewilligung verhindern. In der Bauverhandlung stellte sich heraus, dass das Vorhaben in der eingereichten Fassung nicht bewilligungsfähig war, weil das Ansuchen keine Begründung für die Abstandsunterschreitung enthielt. Der beigezogene Amtssachverständige wies hin, dass auch eine – hier fehlende – Zustimmung der Nachbarn zur Abstandsunterschreitung nicht zur Genehmigung führt. Es hätte daher einer völligen Projektänderung bedurft. Die Klägerin nahm letztlich von der Realisierung Abstand und klagte aus dem Titel des Schadenersatzes die Rückzahlung des geleisteten Honorars.

Da das Planungsbüro nicht auf die konkreten baurechtlichen Voraussetzungen hingewiesen habe, nämlich dass eine nachbarschaftliche Zustimmung nichts nutze, sei eine Verletzung ihrer Warnpflicht vorzuwerfen, so in der Klagschrift. Die verfassten Planungsunterlagen wiesen erhebliche Mängel auf und seien für die Klägerin nicht brauchbar gewesen. Das Architekturbüro hielt dagegen, die Bewilligung sei an der fehlenden – vereinbarungsgemäß von der Klägerin einzuholenden – Zustimmung der Nachbarn zu einer Abstandsunterschreitung gescheitert; dass diesbezüglich Schwierigkeiten bestanden hätten, sei allen Beteiligten immer klar gewesen. Es wird von dem Planer allerdings übersehen, dass die Zustimmung der Nachbarn nichts geholfen hätte.

Nach der von der Baubehörde anzuwendenden Bestimmung des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes, kann die Baubehörde ausnahmsweise, aber nur unter vier näher geregelten Voraussetzungen, die sämtliche erfüllt sein müssten, auf Antrag die Unterschreitung der festgesetzten Abstände durch Bescheid zulassen. Bei keinem dieser gesetzlichen Kriterien komme es jedoch auf eine Zustimmung der Nachbarn an. Die Auftraggeberin sei zwar vom Planungsbüro auf die Problematik der Abstandsunterschreitung hingewiesen worden, allerdings nicht darauf, dass die Zustimmung der Nachbarn für die Bewilligung gar nicht entscheidend sei. Tatsächlich muss die Behörde eine objektive Überprüfung der Voraussetzungen durchführen. Insoweit ist auch das Bauansuchen ungenügend geblieben und bereits aus diesem Grund nicht bewilligt worden.

Im Hinblick auf den festgestellten, zwischen den Streitteilen vereinbarten Leistungsumfang sind die Mängel der eingereichten Planunterlagen, die eine Bewilligung des von der Klägerin angestrebten Bauprojekts hinderten, evident. Der OGH hielt also fest, dass die Mangelhaftigkeit des Planes in der mangelnden Begründung zum Vorliegen der Voraussetzungen der verringerten Grenzabstände gegeben ist. Da dies ein eindeutiger Fehler in der Planung war und diese vom Höchstgericht als „unbrauchbar“ bezeichnet wurde, konnte auch das bereits bezahlte Honorar zurückgefordert werden, ebenso wie die Kosten des letztlich nutzlosen Brandschutzkonzepts als Mangelfolgeschaden.