Wirtschaftliches und schlankes „Dimensionieren” durch exakte Berechnungen der Lasten

Ein Artikel von Engelbert Schrempf, Michael Schwaighofer | 20.05.2022 - 12:14
meta_wissen_Beispiel Eingabe Windlasten Digital.jpg

Beispiel für die Eingabe der Windlasten auf LoCaStatik.at

Durch digitale Prozesse beginnt ein nachhaltiges und ressourcenschonendes Bauen bereits in der Planungsphase. Eine frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Architekten und Tragwerksplaner bringt dabei große Vorteile mit sich. Insbesondere der Tragwerksplaner hat durch seine Dimensionierungen einen großen Einfluss auf den tatsächlichen Materialverbrauch. Die Dimensionierung startet gewöhnlich bei den Lastannahmen, wo es im Fall der Windlasten einige Möglichkeiten gibt, diese zu reduzieren.

Die genaue Berechnung der Windlasten ist ein effektiver Weg, um Geld zu sparen und Ressourcen zu schonen. Früher waren Windlastberechnungen mit erheblichem Zeitaufwand verbunden. Gerade bei Hallenkonstruktionen und mehrgeschossigen Holzbauten sind in der heutigen Bemessungspraxis nach Eurocode umfassende Windlastberechnungen notwendig. Werden in der Planungsphase nur die geringfügigsten Änderungen an der Gebäudeabmessung durchgeführt, so sind die Windlasten stets neu zu berechnen. Heutzutage gibt es jedoch Softwarelösungen wie z.B. LoCaStatik, mit denen sich eine genaue Lastberechnung bei geringem Aufwand bewerkstelligen lässt. Neben einem genauen Lastansatz bietet auch die ÖNORM B 1991-1-4 (Einwirkungen auf Tragwerke Teil 1-4: Allgemeine Einwirkungen – Windlasten) einige Tricks zur Windlastreduktion.

meta_wissen_Hochhaus.jpg

Windeinwirkung auf Gebäude © Engelbert Schrempf

Durch Berücksichtigung der Korrelation von Luv und Lee darf die resultierende Windkraft auf die Wände um bis zu 15 % abgemindert werden. In der Norm wird auf die Luv- und Lee-Seite getrennt voneinander ein maximaler Winddruck angegeben. Dieser ist zu verwenden, wenn die Standfestigkeit der einzelnen Wand oder z.B. der Fassadenelemente zu untersuchen ist. Wird jedoch die Aussteifung des gesamten Gebäudes betrachtet, ist es unwahrscheinlich, dass die maximale Windlast gleichzeitig auf der Luv- und der Lee-Seite auftritt. Dieses Zusammenwirken der Luv- und Lee-Seite wird als Korrelation bezeichnet und darf bis zu einem Verhältnis der Gebäudehöhe zur Gebäudebreite von h/d=5 berücksichtigt werden.

Bei hohen Gebäuden (Gebäudehöhe > Gebäudebreite) können die Windlasten auf die Wände abgestuft werden. Dazu wird das Gebäude in Streifen aufgeteilt und die Windlasten mit der jeweiligen Höhe des Streifens berechnet. Die Norm gibt die Regeln zur Aufteilung der Streifen an, welche in der Skizze rechts dargestellt sind.

meta_wissen_Strukturbeiwerte.jpg

Strukturbeiwerte aus ÖNORM B 1991-1-4

Mit dem Strukturbeiwert ist ebenfalls eine Reduktion der Last um bis zu 15 % möglich. Es ist jedoch zu beachten, dass der Strukturbeiwert auch zu einer deutlichen Erhöhung der Last führen kann und er muss daher – bis auf ein paar wenige Ausnahmen, wie etwa Gebäudehöhe niedriger als 15 m –  immer berechnet werden. Der Wind tritt lokal in unterschiedlich großen und starken Böen auf. Betrachtet man größere Flächen, heben sich die Wirbel teilweise gegenseitig auf und die kleinen starken Böen haben einen geringeren Einfluss. Darüber hinaus entstehen turbulente Windgeschwindigkeitsschwankungen, die ein Gebäude in Schwingungen versetzt. Diese Schwingungen verursachen dynamische Kräfte, die in Anströmrichtung des Windes wirken. Diese Effekte werden mittels Strukturbeiwert, durch eine Erhöhung oder Verminderung der statischen Windkraft, berücksichtigt.

meta_wissen_Beispiel Ausgabe Windlasten Digital.jpg

Beispiel für die Ausgabe der Windlasten auf LoCaStatik.at

Die horizontale Lastabtragung wird prinzipiell für jede Windrichtung separat geprüft. Die Windlast wirkt als Flächenlast auf die gesamte Gebäudehülle. Über die Sekundärstruktur erfolgt die Weiterleitung in die Stützen und schlussendlich in die Fundamente. Mit zunehmender Höhe der mehrgeschossigen Holzbauten wird die Lastabtragung der Windlasten für das Tragwerkskonzept immer maßgeblicher. Kerntragwerke wie Stiegenhäuser in Massivbauweise eignen sich gut für die horizontale Lastabtragung.

Hier geht's zum meta_wissen_holzbau zum Thema Schneelast