Wohnhäuser aus Holz werden zu Gebäuden aus Holz

Ein Artikel von Engelbert Schrempf, Sylvia Polleres | 27.02.2023 - 12:12
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Holzbau-Meister Engelbert Schrempf, holzbau austria, Normung und Technik © HBA

Durch die Leistungsfähigkeit des konstruktiven Baustoffes Holz werden nicht nur Wohnhäuser aus Holz gebaut, sondern auch Gebäude mit ähnlichen raumklimatischen Bedingungen und Nutzungen, wie beispielsweise Bürogebäude, Schulen, Kindergärten, Wohnheime und Hotels. Diese durchwegs auch mehrgeschossigen Bauten gewinnen im Holzbau immer mehr an Bedeutung und daher wurde der Anwendungsbereich der ÖNORM diesbezüglich angepasst und konkretisiert und durch den neuen Titel auch klarer nach außen kommuniziert. Die Ausführung kann dabei in Holzrahmenbauweise (z. B. Riegel-, Ständer- und Tafelbauweise), Holzskelettbauweise und/oder Holzmassivbauweise (z. B. Brettsperrholz-, Brettstapel- und Blockbauweise) erfolgen. Zuständig für die Überarbeitung der neuen Norm ist das Komitee
019 Holzhaus- und Fertighausbau. Der Vorsitz des Komitees wird von Baumeister Thomas Weiß, Technischer Direktor bei Hartl Haus, und Sylvia Polleres seitens der Holzforschung Austria bekleidet. Die Bundesinnung Holzbau ist im Komitee 019 durch Holzbau-Meister Engelbert Schrempf sowie durch Holzbau-Meister Bernd Strahammer vertreten.

Geschichte

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Deckblatt der ÖNORM B2320: 1930 © Archiv HFA

Die ÖNORM B 2320 hat eine lange Historie. Bereits im Jahr 1930 entstand die erste Ausgabe der „Gütevorschriften für Holzhäuser“. Aufgrund fehlender U-Werte für Wandaufbauten wurde beispielsweise die Holzwandstärke mit einer 38 cm dicken Ziegelwand verglichen. Besonderes Augenmerk wurde jedoch dem Feuchteschutz gewidmet. Schutz gegen Grundfeuchtigkeit und Fäulnis waren damals schon Kernthemen in dieser Norm. Die aktuelle Fassung ist die zehnte überarbeitete Norm und spiegelt die rasante Entwicklung des gesamten Holzbaus wider.

Die Anwendungsbereiche der Norm

Die Norm enthält technische Anforderungen an die Herstellung und Errichtung von Gebäuden, deren Wand-, Decken- und Dachkonstruktionen im Wesentlichen aus Holz und/oder Holzwerkstoffen bestehen. Für Gebäude, die nur teilweise in Holzbauweise errichtet werden, gelten die Bestimmungen dieser neuen Norm sinngemäß.

Die wesentlichen Änderungen der Norm für Architekten und Holzbaumeister

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Ergänzung der Begriffe der unterschiedlichen Fassadentypen sowie Änderungen der Bestimmungen zu den Fassadentypen inklusive Systemskizzen – v. li: vorgehängte hinterlüftete Fassade, vorgehängte belüftete Fassade,  vorgehängte nicht hinterlüftete Fassade, vorgehängte offene Fassade

Grundsätzlich wird bei vorgehängten Fassaden zwischen vier Fassadentypen unterschieden, welche im Holzbau geplant und ausgeführt werden können.

a) Vorgehängte hinterlüftete Fassade
Hinterlüftete Fassadenkonstruktionen haben sich aus bauphysikalischen Gründen, speziell bei Fassadenkonstruktionen mit kritischen Randbedingungen, wie z. B. Nordfassade, Gewässer oder Waldnähe, bewährt. Ein wesentliches Merkmal ist der Hinterlüftungsspalt zwischen der Wärmedämmung und der Außenschicht. Um eine ausreichende Hinterlüftung sicherzustellen, sind entsprechende Zuluftöffnungen an der Unterseite und Abluftöffnungen an der Oberseite der Außenschicht herzustellen. Der ständig freibleibende Hinterlüftungsspalt muss mindestens 2 cm betragen. Bei horizontalen Unterbrechungen (z. B. bei Fenstern) ist der Zu- und Abluftquerschnitt unterhalb und oberhalb der Unterbrechungen zu planen und herzustellen.

b) Vorgehängte belüftete Fassaden
Der Unterschied liegt im Wesentlichen darin, dass bei belüfteten Fassaden die Abluftöffnungen an der Oberseite fehlen. Belüftete Fassaden müssen auch so geplant werden, dass ein Luftspalt von mindestens 2 cm zwischen Wärmedämmung und Außenschicht und eine ausreichende Zuluftöffnung vorhanden sind.

c) Vorgehängte nicht hinterlüftete Fassaden
Bei vorgehängten nicht hinterlüfteten Fassaden gibt es weder an der Unterseite noch an der Oberseite eine Luftöffnung. Bei einer Holzfassadenausführung muss ein Luftspalt von mindestens 1 cm zwischen Fassade und dahinterliegenden Bauteilschichten vorhanden sein. Bei Verwendung anderer Fassadenwerkstoffe wird auf die jeweiligen Verarbeitungsrichtlinien der Hersteller verwiesen. Geplante und/oder vorhandene Beschichtungen und deren Wartung sind bei der Wasserdampfdiffusionsberechnung zu berücksichtigen.

d) Vorgehängte offene Fassaden
Vorgehängte offene Fassaden sind Fassaden mit Fugen, wie z. B. zwischen einzelnen Leisten bzw. Schalungsbrettern oder auch bei Plattenfassaden. Diese können horizontal und/oder vertikal angeordnet sein.

Die Funktion des Witterungsschutzes wird nicht von der Außenschicht der Fassade übernommen, da Niederschlag regelmäßig bis zur definierten wasserführenden Schicht eindringt. Die Menge des Feuchteeintrags ist von der Anzahl und Breite der Fugen, der Ausrichtung der Fassade (Wetterseite), der Gebäudehöhe und des Dachvorsprungs abhängig. Die Feuchtebelastung kann für die angrenzenden bzw. betroffenen Bauteile (z. B. Fassadenschalung, Lattungen, Fassadenbahn) sehr hoch sein und je nach konstruktiver Ausführung unterschiedlich lange anhalten. Die Planung solcher Fassaden muss z. B. den Schutz der Unterkonstruktion und der dahinterliegenden Dämmung berücksichtigen. Eine entsprechend der Fugenausbildung geeignete UV-beständige Fassadenbahn ist erforderlich (z. B. Fugenrichtung, maximal zulässige Fugenbreite und Fugenanteil). Die Herstellerangaben und Verarbeitungsrichtlinien sind bei dieser Fassadenlösung einzuhalten.

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Sockeldetail. Variante abgesenktes Niveau mit Gitter (Quelle: ÖNORM B2320)

Anpassung der Beispiele für Sockel- ausbildungen an den Stand der Technik

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Sylvia Polleres Holzforschung Austria, Bereichsleiterin Holzhausbau © HFA

Der Anhang B der ÖNORM enthält Beispiele und Varianten für Sockelausbildungen bei unterschiedlicher Höhenlage des Außenniveaus, deren Ausführung empfohlen wird. In Begleittexten zu den Abbildungen werden die jeweiligen Rahmenbedingungen beschrieben, auf die das jeweilige Beispiel abgestimmt ist. Die Abbildungen wurden in der Neuauflage lediglich an den Stand der Technik angepasst (z.B. Gitterrostbreiten gemäß der ÖNORM B 3691). Die Beispiele gelten gleichermaßen für den Holzmassivbau und für den Holzrahmenbau.

Prinzipiell sind laut ÖNORM B 2320 Gebäude aus Holz auf geeignete Unterbauten zu stellen, sodass unter Berücksichtigung der Geländeform bzw. Lage des Bauplatzes eine Sockelhöhe von 30 cm sichergestellt ist. Dieses Maß darf unterschritten werden, wenn besondere technische Vorkehrungen (z.B. wirksame Drainagen, Abdichtungen, Dachvorsprünge,…) zum Schutz des Holzes, speziell jedoch für die tragende Schwellenkonstruktion, getroffen werden. Trotz besonderer Vorkehrungen ist ein Mindestmaß von 10 cm zum fertigen Außenniveau und 5 cm zur wasserführenden Ebene bei Anbauteilen (z.B. Terrassen, Vorlegestufen) jedenfalls einzuhalten. Holzbauteile dürfen prinzipiell nicht unter dem Außenniveau eingebaut werden, ausgenommen davon sind Ausführungen, bei denen die wasserführende Schicht abgesenkt und ein ausreichender Wassertransport gegeben ist (Abb. 4). Die erforderlichen Feuchteschutzmaßnahmen sind auch in der Norm tabellarisch zusammengefasst (Abb. 5).

Zweite Dichtebene unter Sohlbankanschluss

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Feuchteschutzmaßnahmen im Sockelbereich (Quelle: ÖNORM B 2320)

Da es im Allgemeinen gilt, die Dauerhaftigkeit der Holzkonstruktionen sicherzustellen, ist dem Thema Feuchteschutz ein besonderes Augenmerk geschenkt worden. Die ÖNORM geht daher auch auf die zweite Dichtebene im Bereich der Fenster- und Türanschlüsse ein und verweist dort auf die konstruktiven Lösungsvorschläge der Richtlinie Fensterbank sowie der Richtlinie Bauwerksabdichtung.

Literatur- und Quellenangaben