Zu nahe an der Grundstücksgrenze gebaut

Ein Artikel von Bernd Haintz | 24.08.2023 - 09:04
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Dr. Bernd Haintz © Wirtschaftskammer Steiermark

Auftragsgegenstand war die Errichtung eines Pools, wobei nach Fertigstellung die Rechnung gelegt wurde. Aufgrund einer fehlenden Fotodokumentation gewährte der Poolbauer einen Preisnachlass. Die Anzeige eines Anrainers legte später offen, dass der Mindestabstand zum Nachbargrundstück nicht eingehalten wurde. Dies wäre möglich gewesen, hätte jedoch baubewilligt werden müssen. Da dies nicht erfolgt war, lag eine Bauordnungswidrigkeit vor.

Nachdem nun der Poolbesitzer von der Behörde diesbezüglich verständigt wurde, forderte er das Bauunternehmen zur Lösung des Problems auf. Dieser erfuhr von der Behörde, dass bei Zustimmung des Nachbars im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens eine Sanierung dieses Rechtsmangels möglich wäre. Nun nahm der Bauunternehmer direkt Kontakt mit dem Nachbarn auf. Dieser zeigte sich gesprächsbereit, wollte sich jedoch vor Ort auf dem Grundstück selber ein Bild machen. Der Poolbesitzer wurde derweilen aber  schon ungeduldig und schaltete einen Rechtsanwalt ein. Dieser kontaktierte das Unternehmen und obwohl er erfuhr, dass man „dran sei“ eine Lösung zu finden, verweigerte er ihm die Vollmacht zur Vertretung vor der Baubehörde.

So kam es zum Abbruchbescheid, worauf der Poolunternehmer einen Termin mit dem Nachbarn zur Besichtigung vereinbarte. Die Begehung  wurde jedoch untersagt. Das Argument: jetzt, wo der Abbruchbescheid da ist, wäre dies überflüssig. Und tatsächlich durfte das Grundstück nicht betreten werden. Nun klagte das Bauunternehmen seinen Werklohn ein und gewann in den ersten zwei Instanzen. Doch es ging weiter zum OGH. Und auch dort wurde das Verfahren nun endgültig gewonnen. Das Höchstgericht verwies auf die zwei Ebenen der Rechtsbehelfe, dass zuerst eine Verbesserungsmöglichkeit gewährt werden müsse. Man nennt dies auch das Recht auf die zweite Chance, dass man den Fehler beheben darf. Nur wenn die Behebung nicht möglich ist, kommt es zu Preisminderung oder Vertragsauflösung.  Ein Rechtsmangel des öffentlichen Rechts – wie hier – ist aber nur dann unbehebbar, wenn feststeht, dass die fehlende Bewilligung nicht nachgetragen werden kann. Es hätte aber die Bauordnungswidrigkeit durch ein vereinfachtes Bauverfahren nachträglich saniert werden können. Der Eigentümer der Nachbarliegenschaft hatte ja die dafür erforderliche Zustimmung auch nicht endgültig verweigert, so das Gericht. Zudem hatte der beklagte Auftraggeber auf eigene Faust ein Verfahren zur nachträglichen Baubewilligung eingeleitet. Es gab aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dieses aus baurechtlichen Gründen aussichtslos gewesen wäre. Noch dazu, wo die Wiener Bauordnung explizit Folgendes festhält: Es  ist ein vorschriftswidriges Bauwerk aber nur zu beseitigen, wenn dafür keine nachträgliche Bewilligung erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam erstattet wurde.

Nachdem nun auch das Höchstgericht meinte, dass der Pooleigentümer verhindert hat, dass der Mangel saniert wird, konnte er sich nicht auf einen Vertragsrücktritt berufen. Denn er war es, der dem um eine Lösung des Problems bemühten Unternehmer nicht nur keine Vollmacht zur Vertretung vor der Baubehörde (zur Sanierung in Form der Durchführung des möglichen vereinfachten Bewilligungsverfahrens) erteilt hatte, sondern auch die Besichtigung der Liegenschaft durch den Nachbarn ablehnte. Keine Mitwirkung sowie ein aktives Verhindern einer Lösung = kein Geld.