Wie man zu einer Sicherstellung kommt ...

Ein Artikel von Bernd Haintz | 02.11.2023 - 10:52
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Dr. Bernd Haintz © Wirtschaftskammer Steiermark

Durch die Regelung im ABGB wird ein beauftragter Unternehmer begünstigt, der ein Bauwerk oder einen Teil davon plant oder errichtet bzw. Arbeiten in diesem Zusammenhang ausführt. Der Holzbau-Meister hat damit zum Beispiel das Recht, ab Vertragsabschluss und bis zur völligen (!) Bezahlung  des Werklohns, eine Sicherstellung in Höhe von 20 % des vereinbarten Entgelts zu verlangen. Wenn die Bautätigkeit kürzer als drei Monate beträgt, besteht  sogar die Möglichkeit, eine 40 %ige Sicherstellung zu fordern. Bei der Berechnungsgrundlage der Höhe kommt es nur auf die ursprüngliche Rechnungssumme an. Bereits geleistete Zahlungen bleiben bei der Sicherstellungssumme solange außer Betracht, bis die Sicherstellung zusammen mit den bereits getätigten Zahlungen mehr als 100 % des Entgelts  ausmachen würden. Eine „Übersicherung“ ist damit nicht zulässig.

Was dieses Rechtsinstrument für die begünstigte Seite so attraktiv macht, ist die völlig bedingungslose Entscheidung darüber. Weder die Behauptung noch der Beweis einer Zahlungsschwierigkeit ist erforderlich. Auch kann diese Bestimmung nicht im Vertrag ausgeschlossen werden. Der Gesetzgeber meinte, dass andernfalls aus der Position der wirtschaftlichen Stärke heraus diese Besicherungsmöglichkeit ja regelmäßig gestrichen werden würde.

Zum Zwecke der Sicherstellung können Bargeld, Bareinlagen, Sparbücher, Bankgarantien oder Versicherungen dienen, wobei dafür anfallende Spesen oder sonstige Kosten bis zu 2 % der Sicherungssumme vom Begünstigten zu tragen sind. Welche Art der aufgezählten Sicherstellung vorgelegt wird, kann der Auftraggeber selbst entscheiden. Voraussetzung ist, dass es sich um Vermögenswerte im weitesten Sinne handelt, die rasch und günstig verwertbar sind. Vertraglich kann man sich vorab auf ein bestimmtes Sicherstellungsmittel einigen. Durch Judikatur ist nicht  geklärt, ob  ausschließlich die aufgezählten Sicherstellungen zulässig sind, daher sollte man sich nur der angeführten Sicherheiten bedienen. Vom OGH wurde nun im konkreten Urteil beispielsweise eine „Garantie“ einer „gewöhnlichen“ GmbH abgelehnt. Das Gericht will hier eine Versicherung oder eine Bank involviert sehen, da diese durch entsprechend strenge Gesetze von einer ausreichenden Liquidität ausgegangen werden kann. Dagegen könnte eine GmbH in die Insolvenz schlittern und die Sicherstellungsurkunde wäre wertlos. Dies war auch einer  der Ausgangspunkte des Rechtsstreits, bei dem die Probleme bei der Schlussrechnungslegung eskalierten. Der Bauherr akzeptierte nicht die inhaltliche Form des Haftrücklasses, worauf das ausführende Unternehmen die Forderung nach Sicherstellung auf den Tisch brachte.

Die  Sicherstellung darf zwar nur bei offenen Forderungen verlangt werden, wenn kein Anspruch mehr besteht, ist dies jedoch nicht mehr möglich. Ersteres war aber hier der Fall, da der Haftrücklass in bar einbehalten wurde.

Das Problem war dann, dass, wie oben beschrieben, die Sicherstellung des Auftraggebers keine ausreichende war, der Auftragnehmer vom Vertrag zurücktrat und nun den bar einbehaltenen Haftrücklass einklagte, da es ja keinen Vertrag  mehr gab. Er gewann in allen Instanzen. Es kommt nämlich nicht darauf an, ob das Bauwerk fertiggestellt ist, sondern nur ob Teile des Werklohns noch offen sind. Dies war hier der Fall, auch wenn es sich (nur) um einen Haftrücklass handelte.