Holzfassade im Detail

Ein Artikel von Claudia Koch | 18.03.2024 - 10:22
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Abb. 1: Reduzierte Vordächer und offene Fassaden führen zu geänderten Anforderungen an moderne Holzfassaden. © Holzforschung Austria

In den vergangenen Jahren haben sich die Anforderungen an Holzfassaden deutlich verändert. Kubische Gebäudeformen sind ein wichtiges Ausdrucksmittel moderner Architektur. Dachüberstände sind bei Flachdächern obsolet, aber auch bei Satteldächern sehr reduziert. Gleichzeitig nimmt der Anteil an Fassaden mit offenen Fugen zu (Abb. 1). Die Abstände zwischen Brettern oder Latten werden dabei immer größer. Derartige Ausführungen bieten im Vergleich zu geschlossenen Holzfassaden naturgemäß weniger Schutz für die dahinterliegenden Bauteilschichten. Zudem wird bei dieser Art von Fassaden auf den Vorteil der zweiten Ebene verzichtet. Diese Entwicklungen haben zu neuen Fragen geführt, die in diesem Projekt beantwortet werden sollten. Im Folgenden werden Auszüge der wichtigsten Ergebnisse vorgestellt.

Schnellbewitterungsversuche

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Claudia Koch, Holzforschung Austria, Wien © Holzforschung Austria / Alice Schnür-Wala

In der Klimakammer der Holzforschung Austria wurden die Fassadenelemente im Rahmen eines standardisierten Prüfzyklus einer anspruchsvollen Bewitterung ausgesetzt. Auf 24 Stunden Schlagregen folgt eine Trocknungsphase über 72 Stunden (20°C, 60 % rel. Lf., UV-Bestrahlung). Dieser Prüfzyklus wurde fünf Mal wiederholt und eine 16-tägige Rücktrocknungsphase angeschlossen. Ziel war, das Abtrocknungsverhalten verschiedener Konstruktionsvarianten zu analysieren und die Gefahr von Feuchtenestern abzuleiten.

Welchen Einfluss hat eine Fassadenbahn direkt hinter der Fassadenschalung bei offenen Fassaden?

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Abb. 2: Holzfeuchteverlauf im Bewitterungsversuch in den Fassadenbrettern mit offenen Fugen, mit bzw. ohne direkt an der Brettrückseite anliegender Fassadenbahn. © Holzforschung Austria

In einigen Fällen wird bei offenen Fassaden die Verwendung einer Fassadenbahn direkt hinter den Fassadenbrettern in Erwägung gezogen. Die aktuellen Ergebnisse bestätigen, was bereits in der Praxis beobachtet wurde: Das Anbringen einer Fassadenbahn unmittelbar hinter der Fassadenschalung (Abb. 2, Detail) führt zu Feuchteansammlungen an der Rückseite der Fassadenbretter. Obwohl die Bretter ohne direkt dahinter angebrachte Fassadenbahn während der Beregnung etwas stärker befeuchtet werden, erfolgt die Trocknung deutlich schneller (rote Kurve). Im Gegensatz dazu trocknen die Fassadenbretter mit direkt auf der Rückseite anliegender Fassadenbahn signifikant langsamer, sodass die Holzfeuchtigkeit erst am Ende des viertägigen Zyklus die kritische 20 %-Schwelle unterschreitet (blaue Kurve). Diese Feuchteansammlungen können zu Staunässe und in weiterer Folge zu Fäulnisschäden führen. Weiters führt die erhöhte Holzfeuchtigkeit an der Brettrückseite zu teils massiven Schüsselungen der Bretter bis hin zum Schraubenabriss. Um eine optisch ansprechende schwarze Fuge zu erzielen, können die Unterkonstruktionslatten beispielsweise mit einer geeigneten schwarzen Beschichtung versehen werden (Abb. 3).

Wie können Längsstöße optimal gestaltet werden?

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Abb. 3: Fassade mit offenen Fugen mit ca. 10 mm Breite, in denen die schwarz gestrichenen Traglatten nicht erkennbar sind. © Holzforschung Austria

Die Bewitterungsuntersuchungen haben gezeigt, dass eine schadensträchtige Erhöhung der Holzfeuchtigkeit in der Unterkonstruktion vor allem bei stumpfen, hinterlegten Stößen zu befürchten ist. Offene Stöße ermöglichen sowohl auf zwei Traglatten als auch auf einer Traglatte eine ausreichend schnelle Abtrocknung. Abbildung 4 zeigt, dass im Vergleich zweier hinterlegter Längsstoßvarianten bei einer geschlossenen vertikalen Fassade die offene Fuge deutlich besser abschneidet als die stumpf gestoßene. Die für die ordnungsgemäße Befestigung der Fassadenbretter erforderliche größere Breite der Traglatte im Stoßbereich hat bis zu einer Breite von 12 cm keinen nachteiligen Effekt auf das Feuchteverhalten. Der Mindestabstand der Schrauben zum Brettende beträgt 2 cm, die Schrauben sollten vorgebohrt werden. Bei vertikalen Fassaden sind die Brettenden schräg zu schneiden.

In Ergänzung zum für vertikale Fassaden bislang favorisierten Generalstoß mit Z-Blech können neue Ausführungen für Längsstöße sowohl bei vertikalen als auch horizontalen Fassaden empfohlen werden:

  • Generalstoß oder versetzt angeordneter Stoß mit 1 cm Fuge auf einer Traglatte (8 – 12 cm breit); bei vertikalen Fassaden Brettenden 15° schräg geschnitten
  • Generalstoß oder versetzt angeordneter Stoß mit 1 cm Fuge auf zwei Traglatten (4 – 8 cm breit); bei vertikalen Fassaden Brettenden 15° schräg geschnitten
  • einzelne fliegende Stöße (kein Generalstoß oder versetzt angeordneter Stoß) nur bei Nut- und Feder-Schalungen

Jedenfalls sind Längsstöße frühzeitig im Bauprozess unter Berücksichtigung von Gebäudehöhe, verfügbarer Fassadenbrettlänge und architektonischen Anforderungen zu planen.

Wie sollte die Geometrie der Traglatten gestaltet werden?

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Abb. 4: Holzfeuchteverlauf im Bewitterungsversuch in der Traglatte bei Ausführung von stumpfen, hinterlegten Längsstößen im Vergleich zu offenen, hinterlegten Längsstößen bei einer geschlossenen, vertikalen Fassade. © Holzforschung Austria

Bei Fassaden mit offenen Fugen stellt die Unterkonstruktion ebenfalls eine bewitterte Bauteilschicht dar, der Wasserablauf muss entsprechend geplant werden. Eine möglichst schnelle und ungehinderte Wasserableitung ist entscheidend für eine zügige Rücktrocknung. In den Versuchen zeigte sich, dass eine zur Fassadenschalung hin abgeschrägte Traglatte sowohl in der Fassadenschalung als auch in der Unterkonstruktion zu vergleichsweise höherer Holzfeuchtigkeit führt (Abb. 5, blaue Kurve). Im Gegensatz dazu ist bei einer von der Fassadenschalung weg geneigten Traglatte die Feuchtigkeitsaufnahme geringer und die Trocknungszeit kürzer (rote Kurve). Der Feuchteverlauf ohne Gefälle der Traglattenoberseite (graue Kurve) liegt zwischen den beiden anderen. Daher wird die Ausführung einer Abschrägung weg von der Fassadenschalung empfohlen.

Handlungsempfehlungen

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Abb. 5: Holzfeuchteverlauf im Bewitterungsversuch in der horizontalen Traglatte bei einer offenen Fassade mit unterschiedlicher Ausführung der Oberseite. © Holzforschung Austria

Aus den Untersuchungen zur Feuchteresistenz von Holzfassaden im Projekt „Coole Hülle“ können folgende praxisrelevante Erkenntnisse abgeleitet werden:

  • Bei offenen Fassaden keine Fassadenbahn direkt hinter der Fassadenschalung ausführen
  • Auch bei offenen Fassaden ist keine Nageldichtung zwischen der Trag- bzw. Konterlattung und Fassadenbahn auf dem Wandbildner erforderlich
  • Bei offenen Fassaden benötigen horizontale Traglatten oberseitig eine Abschrägung weg von der Fassadenschalung in eine Entwässerungsebene von mindestens 1 cm
  • Längsstöße bei Fassadenbrettern können auch als Generalstoß mit 1 cm Fuge auf einer Traglatte oder auf zwei Traglatten ausgeführt werden, vertikale Fassadenbrettenden 15° schräg geschnitten; einzelne fliegende Stöße (kein Generalstoß) nur bei Nut- und Feder-Schalungen
  • Unbeschichtete, verzinkte Bleche oder Zinkbleche an Holzfassaden vermeiden.

Diese neuen Empfehlungen ergänzen die bisherigen Konstruktionsempfehlungen. Als verlässliche Informationsquelle zum Stand der Technik wird auf das bei proHolz erschienene Fachbuch „Fassaden aus Holz“ verwiesen. Eine Zusammenfassung aller im Projekt erarbeiteten Empfehlungen – auch jener hinsichtlich der Verbesserung des sommerlichen Wärmeschutzes und des Schallschutzes ist demnächst unter holzforschung. at downloadbar.

Danksagung

Das Projekt wurde durch die inhaltliche und finanzielle Beteiligung zahlreicher Partner aus der Holz- und Baubranche sowie mit Unterstützung durch die Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) ermöglicht. Wir danken den beteiligten Verbänden: Bundesgremium des Baustoff-, Eisen- und Holzhandels; Bundesinnung Holzbau; Fachverband der Holzindustrie Österreich; Österreichischer Fertighausverband; Verband der Europäischen Hobelindustrie sowie neun Wirtschaftsunternehmen.