EU-Gebäuderichtlinie: zu kurz gedacht

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 29.04.2024 - 09:16
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© shutterstock / Francisco Duarte Mendes

Ziel der EU-Gebäuderichtlinie EPBD ist es, den Energieverbrauch in Gebäuden vor dem Hintergrund des Klimaschutzes zu reduzieren und dadurch die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in der Europäischen Union zu verbessern. „Grundsätzlich begrüßen wir die Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie als einen wichtigen Schritt hin zu einem energieeffizienten und emissionsärmeren Gebäudesektor“, lobt Peter Aicher, Präsident von Timber Construction Europe (TCE), dem europäischen Dachverband des Zimmerer- und Holzbaugewerbes, diese. „Wir bezweifeln jedoch, dass damit die Zielvorgaben der Europäischen Kommission zum Erreichen der Klimaneutralität in Europa bis zum Jahr 2050 effektiv erreicht werden können.“ Anders als ursprünglich geplant, wurden die Zielvorgaben bei den Gebäudeenergieniveaus der EPDB aufgrund konjunktureller und vermeintlich ökonomischer Gründe reduziert – mit gravierenden Folgen für den Klimaschutz, befindet TCE.

Beispiel Deutschland

Bereits im vergangenen Herbst wurde das Gebäudeenergiegesetz (GEG) 2023 in Deutschland verabschiedet. Um die anhaltende Baukonjunkturflaute auszugleichen, wurden dabei einerseits der energetische Standard beim Neubau auf das Effizienzhaus 55-Niveau (EH-55) erhöht und andererseits der mit dem GEG 2025 geplante EH 40-Standard im Neubau gestrichen. „Das wird fatale Folgen für den Klimaschutz haben“, warnt Peter Aicher. „Denn die CO2-Emissionen im Gebäudesektor können dadurch weder bezüglich des Umfangs noch zeitlich ausreichend reduziert werden, um bis zum Jahr 2050 in Europa Klimaneutralität zu erreichen.“ 

Im Vorfeld der Verabschiedung des GEG 2023 wurde in Diskussionen diverser Fach- und Verkehrskreise der EH 40-Standard immer wieder als Baukostentreiber dargestellt. Bereits vor der Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes erfüllten jedoch die am Markt üblichen Holztafel- bzw. Massivholzbauweise das Gebäudeenergieniveau EH 55 für Neubauten. Eine vergleichende Analyse der beiden Energiestandards EH 55 und EH 40 zeigt, dass mit wenigen Zentimetern mehr Wandaufbau, also Dämmung, bereits der energieeffizientere Gebäudestandard EH 40 erreicht werden kann. Jeder Zentimeter Dämmung rechnet sich also vom ersten Tag an. Auch weil sich mit einer gut gedämmten thermischen Hülle die notwendige Haustechnik geringer dimensionieren lässt. 

„Um den Klimawandel zu bremsen und seinen Auswirkungen effektiv entgegenzuwirken, ist es dringend geboten, flächendeckend energieeffizientere Gebäudestandards als jetzt zu beschließen, umzusetzen und den Bauherren nicht aufgrund von baukonjunkturellen Anreizen den Sanierungsfall von Morgen zu verkaufen“, so Aicher. „Es ist höchste Zeit, den Gebäudebestand mit effektiven Förderstrukturen und Sanierungskonzepten anzugehen.“ 

Quelle: TCE