Schwedens Höchster

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 26.11.2019 - 07:48
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Mit herrlichem Blick auf den Mälarsee ist der Wohnturm neun Stockwerke hoch. © Nikolaj Jakobsen

Gerade in Schweden gibt es eine lange Geschichte der Verwendung von Holz bei Ein- und Mehrfamilienhäusern. Seit mehreren Jahren wird Holz nun auch im mehrgeschossigen Bereich wiedergeboren. Das Architekturbüro C.F. Møller leistet keinen geringen Beitrag zu dieser Entwicklung. Sie haben etliche Holzbauten in ihrem Repertoire. „Kajstaden“, ein gemeinschaftliches Bauprojekt von C.F. Møller Architekten, Slättö Förvaltning und Byggbolaget, passt ganz gut in diese Reihe. Aufgeteilt auf mehrere Gebäude, werden hier 99 neue Appartements mit insgesamt 7500 m2 Wohnfläche zwischen zwei Erholungsparks geschaffen. Das höchste unter ihnen erstreckt sich über neun Geschosse und wurde heuer fertiggestellt.

Von Österreich inspiriert

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Ola Jonsson, Architekt © Mew

„Wir haben uns von Österreich und anderen Ländern inspirieren lassen, wo man früher als wir in Schweden mit massiven Holzkonstruktionen begonnen hat. Hierzulande gibt es derzeit eine starke innovative Einstellung zur Verwendung von Holz, einschließlich realisierter Projekte und der Forschung“, berichtet Ola Jonsson, Partner bei C.F. Møller. Dieser Wille scheint ihm selbst ebenfalls innezuwohnen. Denn das Konzept „Kajstaden“ sieht den Nachhaltigkeitsbegriff ganzheitlich. Es beinhaltet unter anderem eine gemeinsame Struktur mit Elektrobooten und einen separaten Kühlraum im Eingangsbereich für Lebensmittellieferungen aus einem Online-Lebensmittelgeschäft.

Klare Ansage

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Die Konstruktion Kajstadens besteht ausschließlich aus Brettsperrholz. Dank 16 m langer Elemente, konnte man drei bis vier Stockwerke in einem Element bauen. © Nikolaj Jakobsen

Darüber hinaus besonders am Bau: Die Konstruktion besteht zu 100 % aus Brettsperrholz, einschließlich der Innen- und Außenwände, der Decken, Aufzugs- und Treppenschächte sowie Balkone. Jonsson zu dieser Besonderheit: „Der Hauptgrund dafür war, dass wir aus Umweltgründen eine klare Ansage machen wollten. Die Vorteile, die Brettsperrholz dafür liefert, sind enorm. Durch die Fertigung 16 m langer Elemente ist es uns möglich, drei bis vier Stockwerke mit einem Element zu bauen.“ Bei diesem speziellen Projekt benötigte es drei Facharbeiter, die durchschnittlich in drei Tagen ein Stockwerk errichteten. Jede Etage inkludiert vier Wohneinheiten.

Gemeinsam für den Holzbau

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Neue Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit: Heute baut man ganz in Holz. © Nikolaj Jakobsen

Mit der pro Holz-Einstellung im Gepäck beteiligen sich C.F. Møller im Moment an einem EU-weiten Forschungsprojekt namens „Build-in-Wood“ (holzbau austria hat berichtet). Das Ziel der 21 Projektpartner ist es, standardisierte Lösungen für den mehrgeschossigen Holzbau zu schaffen und somit klimafreundliches Bauen zu forcieren. Dabei geht es jedoch nicht darum, immer höhere Holzbauten zu ermöglichen, sondern, viel konkreter, den Bau von Drei- bis Zehngeschossern mittels standardisierter Verfahren zu vereinfachen. Projektbeteiligt sind Vertreter der gesamten Wertschöpfungskette – von der Materialherstellung bis hin zur Ausführung. Neben C.F. Møller sind auch Waugh Thistleton Architects aus London beteiligt. Jonsson spielt eine Schlüsselrolle in diesem multidisziplinären Team. Im Speziellen fragt er sich, wie man technischen Herausforderungen und gesetzlichen Anforderungen gerecht werden kann, wenn man in Holz baut. Input und Erfahrungswerte liefert sicherlich der heuer fertiggestellte neunstöckige Holzwohnbau.

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Hohe, helle Räume prägen den Innenraum  – so und in Holz wollen vor allem die jungen Schweden heute leben. © Nikolaj Jakobsen

Die Gesamteinsparungen an Kohlendioxid durch die Verwendung von Massivholz anstelle von Beton werden bei diesem Projekt auf 550 t über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes geschätzt. Schwedens Höchster wird also nicht nur CO2 reduzieren, das Raumklima positiv beeinflussen und die Lebensqualität erhöhen. Wenn es nach Jonsson geht, lösen solche Bauten viel mehr aus: Er ist der Meinung, dass Architekten einen wesentlichen Einfluss nehmen, wie die Gesellschaft den Nachhaltigkeitsbegriff deutet. Seinen Beitrag zur positiven Wahrnehmung von Holz leistet er jedenfalls.

Projektdaten

Standort: Västerås/SE
Fertigstellung: Februar 2019
Architekt: C.F. Møller Architects
Bauherr: Slättö Förvaltning
Holzbau: Martinsons