Aufs richtige Pferd gesetzt

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 08.01.2020 - 09:06
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Zwei der drei Geschäftsführer:  Holzbau-Meister Johann Harrer (li.) trug neben Harald Strobl maßgeblich zum heutigen Stellenwert des Holzbaus im Unternehmen bei © Foto Alexandra

Nein, sie können ihre Auszeichnungen bei Holzbaupreisen nicht an einer, auch nicht an beiden Händen abzählen. Mehr als 20 Holzbaupreise in der Tasche, räumten sie heuer Anfang Oktober gleich drei Preise bei der steirischen Ausgabe der Holzbaukür ab: für den Grazer Wohnbau Max-Mell-Allee, die Volksschule St. Marein im Mürztal und das Hotel Stegerhof. Harald Strobl und Johann Harrer, zwei der drei Geschäftsführer von Strobl Bau – Holzbau, versuchen gar nicht, ihre Freude darüber zu verbergen. Wir besuchen die Oststeirer an einem verregneten Dienstagnachmittag. Die Stimmung ist allerdings alles andere als trüb.

Man komme gerade mit durchaus positiven Aussichten und vielen Ideen von der Strategiesitzung 2025. „Der Holzbau wird bei uns in Zukunft eine noch größere Rolle spielen“, verrät Strobl, ohne dabei ins Detail gehen zu wollen. Und damit setzt man die Geschichte fort, die sich bereits über Jahrzehnte abzeichnet.

Von zehn auf 150 Zimmerer

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In der Produktionshalle wickelt man sowohl „Boxenaufträge“ mit der höchsten Vorfertigungsstufe als auch Elementbauweise ab © Strobl Bau Holzbau

Als Holzbau-Meister Johann Harrer 1993 bei Strobl Bau – Holzbau seine Karriere beginnt, zählt das Unternehmen gerade einmal zehn Zimmerer. „Damals war der Holzbau ein Nebenschauplatz. Über das Montieren von Dachstühlen ging es selten hinaus“, formuliert es Harrer. „Dann hat man zum richtigen Zeitpunkt aufs richtige Pferd gesetzt“, ergänzt er und wirft Strobl einen anerkennenden Blick zu. Heute sitzt der nunmehrige Geschäftsführer Harrer – auch aufgrund dieser frühen Entscheidung pro Holzbau – fest im Sattel, was den mehrgeschossigen Holzbau betrifft. „20 Jahre Wissen und Erkenntnisse, vor allem bauphysikalischer Natur, helfen uns bei derzeitigen Projekten enorm“, bekräftigt Harrer. Diese Erfahrung und das Know-how beweist man im Moment auf einer der größten Holzbaustellen der Steiermark, dem „Quartier 7“ auf den Grazer Reininghausgründen. Unweit des mehrgeschossigen Wohnbaus „Hummelkaserne“ verteilen sich in acht drei- bis sechsgeschossigen Baukörpern 200 Wohnungen auf 30.000 m2. Die Architekten hinter dem Komplex heißen balloon architekten und Hohensinn Architektur. „Volumensmäßig ist das sicher unser bisher größtes Projekt.“ In zwei der acht Gebäude ist sogar der Stiegenhauskern größtenteils in Holz gefertigt. „Das hat einen erheblichen Vorteil für den Montageablauf. Geschossweise konnten wir so den hölzernen Erschließungskern verheben. Das bringt zeitlich viel ein“, erläutert Harrer. Noch höher hinaus als beim Quartier 7 ging es mit einem Siebengeschosser in Leoben, fertiggestellt im Juli 2018. Den Steirischen Holzbaupreis gewann der Betrieb heuer allerdings mit einem anderen Wohnbau – dem Projekt Max-Mell-Allee, geplant von Nussmüller Architekten. 38 Wohnungen wurden hier ebenfalls 2018 übergeben.

Spezialisierung und Vielfalt

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Der Wohnbau Max-Mell-Allee brachte dem Weizer Unternehmen jüngst den Steirischen Holzbaupreis ein. Zwei weitere Preise erhielt es heuer für die beiden Projekte Volksschule St. Marein im Mürztal und Hotel Stegerhof © Strobl Bau – Holzbau

Nur durch diesen knappen Auszug aus der Referenzliste zeichnet sich eines eindeutig ab: Hier hat man es mit einem Spezialisten im mehrgeschossigen Holzbau zu tun. Paradox, aber ganz genau das Gegenteil von Spezialisierung zeichnet das Unternehmen mindestens ebenso stark aus – nämlich die Vielfältigkeit. Davon abgesehen, dass das Weizer Bauunternehmen mit insgesamt 300 Mitarbeitern nicht nur Holz verarbeitet, sondern auch mit Beton und Ziegeln umzugehen weiß, vereinen die Oststeirer weitere Gewerke im Betrieb. „Alles aus einer Hand – das heften sich ja viele an die Fahnen. Bei uns geht das ‚alles’ aber tiefer“, konstatiert Strobl. An die Holzbau-Produktionshalle, in der Element- als auch „Boxenaufträge“ bis zur höchsten Vorfertigungsstufe inklusive Installationen und beispielsweise Fließen gefertigt werden, grenzt die hauseigene Schlosserei mit Spenglerei. Seit 2018 integrierte man auch das Dachdeckergewerbe in den Betrieb.  

Die Schnittstellen im Griff

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Das derzeit höchste Gebäude von Strobl Bau – Holzbau steht in Leoben. Es handelt sich um einen siebengeschossigen Wohnbau in Hybridbauweise © Helmut Pierer

„Tritt man bei Großprojekten als Generalunternehmen auf, ergibt sich ein Vorteil, der besonders im Holzbau großen Wert hat“, kommentiert Harrer dieses Thema. „Man hat die Schnittstellen im Griff – vom Sockel über Anschlussdetails und Leitungsführungen bis hin zur gesamten Haustechnik. So wird nachträglich keine Folie durchbohrt und man kann generell Fehler verhindern.“ Eine Herausforderung bei Großprojekten sehen die beiden Geschäftsführer jedoch: „GU-Bauleiter im Holzbau gibt es nicht. Da bleibt uns nur die Möglichkeit, diese selber auszubilden“, richten die beiden einen Appell an Ausbildungsstätten. „Bauherren und Architekten sind willig. Politisch gibt es in der Steiermark Rückenwind. Holzbau hat Status“, lautet das Abschlussstatement von Strobl. „Wir erfahren hier ein wirkliches Miteinander pro Holzbau. Woran es wirklich krankt, ist das fehlende Bewusstsein, mehr Ehrgeiz in die Ausbildung stecken zu müssen. Allein, was der Holzbaulehrstuhl, besetzt durch Prof. Tom Kaden, bewirkt hat, ist erstaunlich.“ Solcherlei Initiativen brauche es vermehrt. Selbst bilde man derzeit 27 Lehrlinge aus. „Im Holzbau finden wir leichter Nachwuchs, als im konventionellen Bau.“

Das bezeugt die hauseigene Leuchtreklame „Maurer gesucht“, die beim Verlassen des Betriebsgeländes im Gedächtnis bleibt. Jedoch: Lehrlinge aus allen Ausbildungsbereichen seien bei Strobl willkommen.