Umweltarchitekt plant Stadtteil in Holz

Ein Artikel von Birgit Gruber | 09.03.2021 - 08:41
Archi4.jpg

© Vincent Callebaut Architectures

„Die Zukunft beginnt jetzt“ – mit diesem Satz lassen sich die futuristischen Bauprojekte des belgischen Stararchitekten Vincent Callebaut wohl am Besten beschreiben. Die Umwelt und das Umfeld sind für ihn entscheidende Faktoren: „Es geht jetzt darum, so nah wie möglich am Verbraucher zu produzieren und mit einem Minimum an Ressourcen zu bauen, um unsere Treibhausgasemissionen zu reduzieren.“ Seit kurzem sorgt Callebaut mit seinen Plänen für eine neue gemischt genutzte Wohnsiedlung für Aufsehen, die hauptsächlich aus Holz bestehen soll. Das Projekt mit dem Namen „Archiborescence“ zeigt das Talent des Planers, Natur und Architektur miteinander zu verbinden, mit viel Grün und Nachhaltigkeitsmerkmalen wie Solarenergie und Windkraftanlagen. Der Name ist eine Kombination aus den Wörtern Architektur und Arboreszenz, was so viel wie baumartiges Aussehen bedeutet. Es drückt das Leitmotiv des Projektes aus: „Die Stadt in ein Ökosystem zu verwandeln, Nachbarschaften in Wälder und Gebäude in bewohnte Bäume“, sagt Callebaut, aus dessen Feder auch der 115 m hohe Prototyp „Rainbow Tree“ stammt. 

Archi11.jpg

© Vincent Callebaut Architectures

Ein ganzes Viertel aus Massivholz

Archi5.jpg

© Vincent Callebaut Architectures

Der neue Stadtteil wird am Standort einer ehemaligen Schule in Lille, Frankreich, errichtet und soll aus einer Reihe von Gebäudekomplexen mit einer Gesamtfläche von 14.465 m² bestehen. Darin befinden sich Wohnungen, ein Hotel, Büroräume, ein Fitnessstudio mit Kletterwand und Yoga-Studios sowie Einzelhandelsbereiche. „Unsere städtebauliche Absicht ist ganz klar. Wir wollen ein Stadtviertel aus Massivholz mit vielen Grünflächen bauen, das das kollektive Gedächtnis des Ökosystems widerspiegelt. Unser Ziel ist es, Lille ein grünes  Wahrzeichen im städtischen Rahmen zu bieten, am Schnittpunkt der Stadtteile Vauban und Esquermes, zwischen dem Fluss Deûle, den Universitäten und dem Stadtzentrum“, weiß der Umweltarchitekt. 

Unterschiedliche Wohnmöglichkeiten

Archi8.jpg

© Vincent Callebaut Architectures

Das Baukonzept gründet auf fünf Säulen, die allesamt den Umweltgedanken widerspiegeln. Konkret will man erreichen, dass das Projekt einen neutralen CO2-Fußabdruck hat und mehr Energie produziert als es regelmäßig verbraucht. Darüber hinaus plant man die Entwicklung einer energiesparenden Technologie für den Austausch von Energieflüssen zwischen Büros und Wohnungen. Der Nutzer steht im Mittelpunkt des Entwurfs dieses städtebaulichen Komplexes. In diesem Sinne verfügen die Wohnungen über eine doppelte Ausrichtung, komfortable Oberflächen und große, intime Außenbereiche. Das Ökodesign der Gebäude optimiert den akustischen Komfort und die Luftqualität, und ihr Design begrenzt die Betriebs- und Miteigentumskosten. Die Nutzung von alternativen Verkehrsmitteln wird erleichtert und gefördert (Co-Sharing, Elektromobilität, Fahrradwerkstatt, Lastenfahrräder). „Das gemischte Programm bietet mehrere Wohnmöglichkeiten: privates Wohneigentum, soziale Mietmöglichkeiten, soziales nachhaltiges Wohneigentum, ein Hotel und  Studentenheime. Das große Ganze profitiert von Sportbereichen (Fitnessraum, Tanz-/Yoga-/Pilates-Raum, Kletterbereich) und Dienstleistungen, die für alle zugänglich sind“, erklärt Callebaut. 

Massivholz aus Pappel

Im Rahmen eines Cradle to Cradle-Ansatzes soll Archiborescence aus Brettsperrholz gebaut werden. Dafür will man PEFC-zertifiziertes Pappelholz aus lokalen Wäldern nutzen. Alle Gebäude profitieren von einer doppelten Isolierung – innen und außen – aus natürlichen Materialien wie Stroh, Hanf und Zellulosewatte. Das Projekt wird von der Beci + BeCity Group entwickelt und beteiligt auch das Landschaftsarchitekturbüro Land'Act. Wann ein Baustart erfolgen soll, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest.

Quelle: Vincent Callebaut Architekten