Dreimal Holz beim Bauherrenpreis

Ein Artikel von Raphael Zeman | 07.11.2022 - 13:39

Insgesamt 86 Projekte aus unterschiedlichen Bereichen wie Wohn-, Büro- oder Bildungsbauten wurden zum diesjährigen ZV-Bauherrenpreis eingereicht. Daraus wählten die Nominierungsjurien in den Bundesländern 18 Bauten, aus denen wiederum die Hauptjury – bestehend aus Wojciech Czaja (Architekturjournalist und Autor, Wien), Armando Ruinelli (Architekt, Soglio, Schweiz) und Michaela Wolf (Architektin, Brixen, Südtirol) – die fünf Siegerprojekte erkor.

„Die Auswahl der Preise und Nominierungen ist als eine Würdigung für jene Auftraggeber zu betrachten, die sich der Baukultur in einem über das Übliche hinausgehendem Maß verschrieben haben. Sie sind es, die Impulse für neue Entwicklungen im ganzen Land setzen. Die Architektur und Baukultur in Österreich braucht Bauherren, die auch in der Zukunft neue, qualitätsvolle Räume für Bildung schaffen, die auf innovative Weise neue Nutzungen in Bestehendes integrieren, die dem Lebenszyklus von Gebäuden Augenmerk schenken und damit zur Bewältigung der Klimakrise beitragen und in vielerlei Hinsicht integrativ wirken“, so Maria Auböck, Präsidentin der Zentralvereinigung der ArchitektInnen Österreichs (ZV). Im Folgenden ein Auszug der Projekte, welche in oder mit Holz errichtet wurden.

Wohnanlage Friedrich-Inhauser-Straße (Salzburg)

ZVBHP_Wohnanlage_VolkerWortmeyer.jpg

Wohnanlage Friedrich-Inhauser-Straße © Volker Wortmeyer

Diese 1985 errichtete Wohnanlage war in die Jahre gekommen. Anstatt die Anlage abzureißen oder lediglich thermisch zu sanieren, entschied sich der gemeinnützige Bauträger Heimat Österreich, das Vorhaben mit einem Forschungsprojekt zu starten. Mithilfe zweier Studien beschäftigte sich das Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen mit der Frage, wie man den Bestandsbau ertüchtigen und mit innovativen Mobilitätsdienstleistungen aufwerten könne, ohne dabei einen großen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen. Die Mieter bekamen Ersatzwohnungen angeboten und wurden ausgesiedelt, die Dächer entfernt, die Geschosse komplett entkernt, die Grundrisse modernisiert. Im Sinne der innerstädtischen Verdichtung erhielt jede Wohnung einen privaten Freiraum, jede Stiege eine barrierefreie Erschließung, jeder Giebel eine eigene zweigeschossige Aufstockung. So wurden aus vormals 75 Wohnungen 99 – die alte Silhouette blieb dabei bewusst erhalten. Einerseits als identitätsstiftendes Zitat und andererseits als Hinweis auf das Potenzial, das in der Substanz unserer bestehenden Städte schlummert.

Die Architekten Christoph Scheithauer und Stijn Nagels wählten für die Aufstockung eine Holzhybridkonstruktion mit tragenden Brettsperrholz-Wänden, vertikaler Holzlattenfassade und eingeblasener Holzwolle-Zellulosedämmung. Geheizt wird mit Pellets, Wärmepumpe und Wärmerückgewinnung. Ein Mobility-Point mit elektrischen Rädern, Rollern und Autos sowie Lastenrädern steht den Bewohnern kostenlos zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit der Salzburger Soziologin Rosemarie Fuchshofer ist es gelungen, ein Viertel der ehemaligen Mieter zurückzugewinnen.

Weinhof Locknbauer (Steiermark)

ZVBHP_Locknbauer_SimonOberhofer.jpg

Weinhof Locknbauer © Simon Oberhofer

  • Bauherrschaft: Lukas Jahn
  • Architektur: Mascha Ritter
  • Tragwerksplanung: ZMP
  • Fertigstellung: 2021

„Er hat noch nie zuvor ein Bauprojekt in Auftrag gegeben. Sie hat noch nie zuvor etwas gebaut, war nicht einmal noch mit ihrem Architekturstudium fertig. Die Geschichte lehrt uns, dass dies kein Hinderungsgrund sein muss. Denn was als Zufallsbekanntschaft und wagemutiges Gedankenexperiment bei einem Abendessen in einer Berliner Wohngemeinschaft seinen Anfang nahm, entwickelte sich im Laufe der darauffolgenden Monate und Jahre zu einem Beispiel dafür, wie man einen teils revitalisierten, teils neu errichteten Produktionsbetrieb passgenau in die südoststeirische Landschaft hineinsetzen kann“, heißt es in der Presseinformation.

Einen ausführlichen Artikel über diesen Ersatzneubau in der Steiermark können Sie in unserer aktuellen Printausgabe zum Thema Verdichtung oder hier online lesen.

Bildungscampus Nüziders (Vorarlberg)

ZVBHP_Bildungscampus_HannoMackowitz.jpg

Bildungscampus Nüziders © Hanno Mackowitz

Der ZV-Bauherrenpreis wurde 1967 ins Leben gerufen und bereits bei der ersten Auslobung konnte die Gemeinde Nüziders gewinnen. Ausgezeichnet wurde damals eine von der Architektengemeinschaft C4 geplante Volksschule mit Kindergarten. Ein schlichtes Ensemble aus bungalowartigen Gebäuden, die sich um ein zentrales Atrium gruppieren. 2002 bis 2004 wurde die Schule dann von Architekt Bruno Spagolla teilsaniert und um einen Klassentrakt erweitert. Nachdem der Schulcampus in weiterer Folge erneut zu klein wurde, stand eine abermalige Erweiterung an. Dazu wurde ein EU-weiter Wettbewerb ausgeschrieben, Spagolla übernahm den Juryvorsitz. Fink Thurnher Architekten konnten dabei mit ihrem raffinierten Raumprogramm überzeugen. Kindergarten und Turnhallentrakt wurden abgerissen und durch zwei neue Implantate ersetzt. Im Süden entstanden neue, abgesenkte Turn-und Bewegungshallen sowie ein Probenraum für den örtlichen Musikverein. Im nördlichen Teil wurde ein zweigeschossiger Neubau errichtet, der fast nahtlos an den Bestand anschließt. Während hier nun die zwölfklassige Volksschule samt Bücherei untergebracht ist, übersiedelte der Kindergarten in die ehemaligen Schultrakte. Der Campus wurde in Mischbauweise, bestehend aus Sichtbeton, Holz und Sichtziegelmauerwerk, ausgeführt.

Quelle: Zentralvereinigung der ArchitektInnen Österreichs