Bauwirtschaftliches Update

Ein Artikel von Jörg Koppelhuber | 20.10.2020 - 09:01

Diese bauwirtschaftlichen Effekte gilt es zu erkennen und hierfür zeitgerecht praxisnahe und holzbauspezifische Lösungsstrategien sowie Umsetzungstools zu erarbeiten und in den Unternehmen zu implementieren.

Kostenplanung und -vergleich

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Dr. Jörg Koppelhuber, Geschäftsführer KOPPELHUBER² und Partner ZT, Graz © privat

Faktum: Fehlende Kostenkennwerte im Holzbau verursachen in der Kostenplanung gemäß ÖNORM B1801-1 häufig unzureichende Vergleiche mit anderen Baustoffen und Bausystemen bzw. erfolgen ohne belastbare Basis. Vorhandene Kostenkennwerte sind hingegen großteils nicht holzbauspezifisch und spiegeln nicht die aktuellen technischen Neuerungen auf der Produkt- bzw. Systemebene wider. Außerdem muss der Holzbau oftmals als Alternative zum Massivbau angeboten werden, was eine aussagekräftige Kostenplanung bzw. einen neutralen Kostenvergleich mit vergleichbaren Qualitäts- und Ausstattungsstandards gravierend erschwert.

Lösungsstrategie: Eine firmenübergreifende Datenbasis für Kostenkennwerte als neutrale Basis für den Kostenvergleich – bspw. durch ein statisches bzw. bauphysikalisches Äquivalent im Edelrohbau – ist künftig zwingend erforderlich. Baustoffunabhängige Elemente, wie Fenster, Türen, Fassaden, HKLS u. dgl., verzerren das derzeitige Preisbild innerhalb der Kostenvergleiche enorm. Zahlreiche baubetriebliche Untersuchungen und REFA-Studien in den letzten Jahren haben gezeigt, dass sich der Holzbau bei vergleichbaren Qualitätsstandards durchaus kostenneutral verhält.

Ausschreibung

Faktum: Das Ziel einer Ausschreibung ist eine präzise textliche Darlegung der geplanten auszuführenden Bauleistungen und der zu erwartenden Umstände der Leistungserbringung, um Mehrkostenforderungen (MKF) sowie Bauzeitüberschreitungen und damit Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden sowie das Bau-Soll bestmöglich zu erreichen. In Österreich erfolgt die Ausschreibung im Bauwesen großteils auf Basis der Standardleistungsbeschreibung Hochbau (LB-HB). Für holzbauspezifische Leistungen wird jedoch aufgrund von Produktinnovationen, neuartigen Detaillösungen und dem gestiegenen Leistungsumfang häufig auf firmenspezifische Ausschreibungstexte, lückenhafte Vorbemerkungen und über die Jahre gesammelte teils falsche Ausschreibungsfragmente zurückgegriffen. Aus diesem Grund wurde in den vergangenen Jahren die Leistungsgruppe (LG) 36 Holzbauarbeiten gänzlich überarbeitet und damit dem Stand der Technik im Holzbau angepasst. Ergänzend dazu ist auch die Werkvertragsnorm ÖNORM B 2215:2017 Holzbauarbeiten mit zahlreichen Zusätzen unter Bezugnahme auf die neue LG 36 neu erschienen.

Lösungsstrategie: Zur Erreichung einer umfänglichen und baustoffadäquaten Ausschreibung im Holzbau ist die flächendeckende Verwendung der LB-HB in der aktuellen Version 021 bzw. der neuen LG 36 erforderlich (mit Stand 31.12.2018), da hierdurch eine transparente Vergleichbarkeit der Angebote und damit eine großflächige Reduktion des Vertragsrisikos gewährleistet wird. Dies führt zu einer projekt- und produktneutralen (Vertrags-)Basis, welche einen realitätsnahen Kostenrahmen sowie eine nachvollziehbare fundierte Kalkulation ermöglicht. Hierfür ist jedoch speziell im Holzbau eine alternativlose Abkehr von nicht standardisierten Ausschreibungen in Form von Z-Positionen unausweichlich. Um Ausschreibende und Kalkulanten in der Einarbeitung zu unterstützen, wurde durch den Autor ein erläuternder Leitfaden für die Verwendung der LG 36 verfasst, welcher kostenlos auf der Plattform meta_wissen_holzbau von holzbau austria zur Verfügung steht. Aufbauend darauf werden fundierte holzbauadäquate Ausschreibungen erstellt bzw. vorhandene auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft und um spezifische Ausschreibungsschulungen ergänzt.

Kalkulation

Faktum: Die Kalkulation als essenzielles Kriterium für den Angebotsvergleich und damit die Prüfung der Angemessenheit der Preise im Bauwesen ist in der ÖNORM B 2061 baustoffneutral geregelt. Um einer vertieften Angebotsprüfung standzuhalten, sind vor allem auch im Holzbau sämtliche Detailkalkulationen (K7-Blatt) und Mittellohnpreisberechnungen (K3-Blatt) begründet durchzuführen. Schlussendlich muss eine fundierte, nachvollziehbare und transparente Kalkulation aller Details und Umstände eine oftmals oberflächliche Preisabschätzung ersetzen. Die Charakteristika des Holzbaus (bspw. der stark variierende Vorfertigungsgrad im Montagebau, der hohe Anteil an Subunternehmer- und Lieferantenleistungen sowie die Schnittstellen zu vorhandenen Beton- bzw. Anschlussbauteilen und damit einer Vielzahl an Gewerken) müssen in dieser Systematik jedoch adäquat berücksichtigt werden. Hierfür sind holzbauspezifische Kalkulationsgrundsätze, ausgereifte Werkzeuge und Softwarelösungen zwingend erforderlich.

Lösungsstrategie: Mittels einer Standardkalkulation können die einzelnen Prozesse in der Preisermittlung auch im Holzbau standardisiert werden, welche im Zuge der Objektkalkulation lediglich durch die Anpassung einzelner Aufwandswerte bzw. Preisansätze vervollständigt wird. Hierfür wurden in den vergangenen Jahren Kalkulationsansätze im Zuge von Bauprozessanalysen bzw. REFA-Studien konsequent erhoben und publiziert, um eine belastbare Datenbasis für eine valide Kalkulation im Holzbau zu generieren. Die zugrundeliegenden Schemata wurden auf Grundlage der Struktur der aktuellen LG 36 sowie der baustoffneutralen Detailkalkulation – K3-Blatt und K7-Blatt – gemeinsam mit Holzbauunternehmen und Spezialisten der Kalkulation konzipiert und auch programmtechnisch in Form einer bis dato nicht vorhandenen Standardkalkulation des gesamten Holzbaus mit Herbst 2019 erfolgreich finalisiert. Diese ist seit November 2019 auch am Markt erhältlich. Das Ziel ist es, dem Vorbild anderer Gewerke folgend, auch im Holzbau im Detail eine fundierte und belastbare Preisermittlung mit angemessenen Preisen sämtlicher Teilprozesse durchzuführen. Damit wird die am 01.05.2020 neu erscheinende ÖNORM B 2061 Preisermittlung im Bauwesen auch im Holzbau weiter flächendeckend Fuß fassen. Darauf aufbauend werden zurzeit spezifische Kalkulationsschulungen im Bereich der Mittellohnpreisbildung (K3) sowie der Detailkalkulation (K7) gemäß dieser neuen ÖNORM entwickelt und flächendeckend angeboten.

Fazit

Der Holzbau ist seit einiger Zeit mit dem kontinuierlichen Wandel der Branche hin zu ganzheitlichem Bauprozessmanagement beschäftigt. Dies umfasst sämtliche bauwirtschaftliche Bereiche, welche – neben den technischen Errungenschaften – die Basis dafür bieten, dass die Holzbauunternehmen sich aus einem Nischenmarkt heraus entwickeln und als Global Player am Markt auftreten können. Zahlreiche Maßnahmen und Werkzeuge wurden und werden hierfür entwickelt. Diese stellen das bauwirtschaftliche Rüstzeug dar, welches es Holzbauunternehmen ermöglicht, nicht nur Leuchtturmprojekte umzusetzen und als ökologisches „nice-to-have“ abgetan zu werden, sondern den Massenmarkt – und hier vor allem den mehrgeschossigen Wohnbau – zu erobern und flächendeckend zu besetzen. Die Entwicklungen der letzten Jahre bieten allen Beteiligten bauwirtschaftliche Werkzeuge und prozessunterstützende Hilfsmittel in der Kostenplanung, Ausschreibung und Kalkulation in der operativen Bearbeitung. Dabei bildet die neue standardisierte Leistungsbeschreibung LG 36 als Teil der LB HB 021, eine aktualisierte Werkvertragsnorm ÖNORM B 2215:2017, eine differenzierte Standardkalkulation als Softwarelösung sowie künftig verstärkte Schulungsmaßnahmen im Bereich der Ausschreibung gemäß der LB HB 021 / Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG) und der Kalkulation von Holzbauten gemäß der neuen ÖNORM B 2061:2020 die Grundlage für eine solide Entwicklung in der Ausschreibung, Kalkulation sowie Kostenplanung im Holzbau.

www.holzbauausschreibung.at

Das in Graz ansässige Ziviltechnikerbüro KOPPELHUBER² und Partner – consulting engineers & architects (vormals pm holzbau) ist im Bereich der Architektur sowie im Wirtschaftsingenieurwesen Bauwesen tätig. Durch die jahrelange Erfahrung im Holzbau von Jörg Koppelhuber im Bereich holz.bau.wirtschaft und die Spezialisierung auf bauwirtschaftliche Themenstellungen des Holzbaus bearbeitet das Büro für Auftraggeber und Investoren, Architekten und Fachplaner, Holzbauunternehmen und Zimmereien sowie Produzenten und Lieferanten der gesamten Holzbaubranche neben klassischen planerischen und beratenden Aufgaben vor allem die Bereiche Ausschreibung, Kalkulation und Kosten- planung sowie Projektmanagement. Daneben geht man speziell auf die Bedürfnisse der Planer und Bauausführenden der Branche ein und führt holz.bau.wirtschaftliche Fitness-Checks durch, um die Effektivität der Prozesse sowie die Kompetenzen der Unternehmen in baubetrieblichen und bauwirtschaftlichen Fragestellungen maßgeblich zu erweitern. KOPPELHUBER² und Partner betreibt darüber
hinaus die Veranstaltungsplattform timberdate.com, welche die Veranstaltungen/Seminare/Workshops des gesamten Holzbaus nach dem Motto „inserieren – suchen – finden“ abdeckt und damit einen Gesamtüberblick über Holzbauevents aller Art gibt.