„Es ist nichts so schlecht, dass es nicht für etwas gut ist“

Ein Artikel von Johannes Kaufmann | 02.06.2021 - 12:38
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Architekt Johannes Kaufmann © johannesfink

Und dann das – ein Schlag der Holzindustrie in die Magengrube der Zimmerer. Durch Preisanstiege von bis zu 100 % bei Leimbauprodukten ist das zarte Pflänzchen Holzbau schlagartig am Markt nicht mehr konkurrenzfähig. Die Preisgleichheit ist wieder in weite Ferne gerückt. Ohne romantisch sein zu wollen – aber ob es schlau ist, mit seinen langjährigen Kunden (Zimmereien, Generalunternehmern) so umzuspringen?

Diese bezahlen nämlich vorerst die Rechnung für diese Preisanstiege, erst verzögert dann der Konsument. Aber ob es den Konsumenten in Österreich in Zukunft dann überhaupt noch gibt, bleibt abzuwarten. An den Theorien und Ausreden, wie dieser Preisanstieg zu begründen ist, möchte ich mich nicht beteiligen. Jeder Kenner der Marktwirtschaft weiß, wie so was gemacht und betrieben wird (zuerst Kurzarbeit bei gleichbleibender Nachfrage, Exporte des Rohstoffes usw.) Das wird die schwerste Krise in der österreichischen Holzbauarchitektur, seit es den modernen Holzbau gibt!

Aber genauer betrachtet ist es genau das, was kommen musste und dies alles stellt eine Chance für den zukünftigen, enkeltauglichen Holzbau dar. Die letzten zwei Jahrzehnte waren geprägt von maßlosem Holzverbrauch durch den Einsatz bestimmter Produkte – übrigens nicht nur im Holzbau. Die Industrie will uns weismachen, dass der Rohstoff Holz unendlich zur Verfügung steht, was vor dem Hintergrund des angesagten Holzbaubooms natürlich völlig falsch ist.

Die sogenannte „Holz-Massiv-Bauweise“ hat unbestritten da und dort ihre Vorteile, den Holzbau in die „Breite“ und in die „Höhe“ gebracht und ist auch künftig nicht wegzudenken. Wie in allen anderen Sparten des Lebens wird auch im Bauen mehr Fokus auf Materialeinsparung notwendig sein, um die ökologisch gesetzten Ziele zu erreichen. Und genau vor diesen Hintergründen sind die industriellen Leimbauprodukte & Co kritisch zu hinterfragen und müssen präziser eingesetzt werden. Rohstoffsparender Holzrahmenbau, mehr handwerkliche Wertschöpfung, mehr Brett und weniger Platte kommen wieder. Der Holzbau heftet sich auf seine Fahnen, dass er regional und ökologisch ist, dann muss er aber auch wieder weg von der Industrieabhängigkeit und zeigen, dass genau der Holzbau regionale Strukturen wertschätzt und nutzt und intelligente Konstruktionen bauen kann. Wenn wir nichts ändern, wird das Pflänzchen Holzbau durch die sogenannte „freie Marktwirtschaft“ und Globalisierung geradewegs an die Wand gefahren.