Angespannte Marktsituation betrifft ganz Europa

Ein Artikel von Raphael Zeman | 31.05.2021 - 10:38
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Bundesinnungsmeister Siegfried Fritz © Matthias Rhomberg

Wie ist die derzeitige Lage am Markt?

Kast: Prekär. Große Leimbinder beispielsweise sind keine Lagerprodukte mehr und derzeit fast unmöglich aufzutreiben. Ebenso Holzweichfaser-Putzträger- und OSB-Platten. Beim Brettsperrholz muss man teilweise mit Lieferzeiten im Dezember rechnen. Neben den Lieferschwierigkeiten haben wir eine enorme Preissteigerung bei fast allen Produkten. Als Reaktion darauf fangen Betriebe an zu hamstern, was die momentane Situation zusätzlich verschärft.

Betreffen die Lieferschwierigkeiten alle Zimmereien gleichermaßen?

Kast: Es zeichnet sich schon ab, dass es hier Unterschiede gibt. Wer sich ein gutes Händlernetzwerk aufgebaut hat und auf langjährige Beziehungen zurückblickt, wird oftmals noch – soweit es die Rohstoffsituation erlaubt – versorgt. Wechselkäufer, die immer so günstig wie möglich eingekauft haben, tun sich sicher schwerer.

Fritz: Dem stimme ich zu. Die Rohstoffknappheit macht sich zudem vor allem bei Großaufträgen bemerkbar. Zeitgleich haben wir das Problem, dass die Großindustrie Quartalsverträge abschließt, die eingehalten werden müssen. Solche Verträge gibt es mit den Zimmerleuten nicht, deswegen stockt hier die Versorgung.

Wenn man nun doch Material ergattert, liegen die Preise weit über jenen, mit denen man bei den Angeboten im letzten Jahr kalkulierte.


Kast: Bauen ist langfristig. Viele Zimmerer haben Großaufträge zu Fixpreisen abgeschlossen, haben jetzt aber mit enormen Preissteigerungen und potenziellen Pönalen durch Lieferverzögerungen zu kämpfen. Das führt dazu, dass bestehende Aufträge nicht kostendeckend umgesetzt werden können.

Fritz: Deswegen raten wir dazu, in den laufenden Angeboten auf mögliche Preisänderungen zwischen dem Angebotsdatum und der Ausführung hinzuweisen und eine Anpassung die Verträge mitaufzunehmen. Zeitgleich sollte man mit seinen Zulieferern ganz genau abklären, was man wann zu welchem Preis bekommt.

Was kann darüber hinaus für den Holzbau getan werden?


Kast: Es wäre wichtig und sinnvoll, dass die Waldbesitzer einen fairen Preis für ihr Holz bekommen.

Fritz: Die Preise ändern sich je nach Situation, wenn zum Beispiel der Winter hart war oder durch Windwurf viel Schadholz anfällt. Um langfristig kalkulieren zu können, wäre es allerdings einerseits wichtig, dass die Waldbesitzer langfristig rund 100 €/fm für Bauholz bekommen, und andererseits braucht es einen europäischen Großhandelspreisindex, wie es zum Beispiel beim Stahl schon gang und gäbe ist.

Warum gibt es diesen noch nicht?


Kast: Bisher war der Holzbau immer relativ stabil und es gab keinen Bedarf dafür. Jetzt haben wir aber im Extremfall Schwankungen bis zu 100 % und brauchen einen solchen Index. Deshalb gibt es am 19. Mai einen Termin mit der Wirtschaftskammer, wo über diese Thematik gesprochen wird.

Befindet man sich auch mit der Politik in Gesprächen?


Fritz: holzbau austria, der Bundesverband der Holzbaubetriebe, hat sich in einem Positionspapier direkt an die Bundesministerinnen Elisabeth Köstinger, Margarete Schramböck und Leonore Gewessler sowie an Bundesminister Martin Kocher gewandt. Darin fordern wir die Erhöhung des CO2-Bonus im Waldfondsgesetz auf 100 Mio. €. Unser Vorschlag ist eine CO2-Förderung des ökologischen Bauens pro Kilogramm beziehungsweise Kubikmeter verbautem Holz oder nachwachsender Rohstoffe, so wie es das auch in München gibt.

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Gerhard Kast, Landesinnungsmeister Burgenland © Michael Reitberger

Gibt es diesbezüglich schon konkrete Antworten?

Fritz und Kast: Die stehen noch aus [Redaktionsschluss 19. Mai, Anm.]. Nach dem Gespräch bei der Wirtschaftskammer können wir das besser abschätzen.

Was sind Ihre Prognosen für die nahe Zukunft?

Kast: Ich schätze, dass die Preise bis in den Spätsommer oder Herbst noch steigen und sich dann hoffentlich einpendeln werden. Einen Rückgang traue ich mich jedoch nicht zu prophezeien. Dann haben wir aber das Problem, dass der Holzbau teuer und nicht mehr konkurrenzfähig wird. Meiner Meinung ist der einzige Weg die Förderung ökologischer Bauweisen – aber inwieweit sich das auf die Preise auswirkt, kann ich derzeit nicht abschätzen. Mein Appell: Es ist die Zusammenarbeit der gesamten Wertschöpfungskette Holz – vom Waldbauern über die Sägeindustrie und die verarbeitenden Unternehmen bis hin zum Zimmerer – gefragt, damit der Holzbau konkurrenzfähig bleibt.

Fritz: Vor dem Herbst rechne auch ich nicht mit einer Entspannung der Lage. Derzeit können wir einfach nicht abschätzen, wie es weitergeht – aber wir stehen, wie gesagt, im engen Austausch mit Politik und Wirtschaft. Wichtig ist mir noch zu erwähnen, dass es sich hier nicht um ein „österreichisches Problem“ handelt. In Deutschland und der Schweiz beispielsweise sieht es nicht besser aus, das Problem betrifft ganz Europa. Diesbezüglich haben wir auch schon Kontakt zu Ursula von der Leyen, der Präsidentin der Europäischen Kommission, aufgenommen.

Apropos Europa: Die zuletzt veröffentlichten Exportzahlen besagen, dass Österreich in den ersten beiden Monaten 2021 um 9 % weniger Holz exportierte als 2020. Die Angaben bezüglich Exporten in die USA von Statistik Austria und den US-Zollbehörden widersprechen sich – wie denken Sie darüber?

Kast: Ich führe immer wieder Gespräche mit der Holzindustrie und bekomme aktuelle Zahlen zugesandt, die besagen, dass weniger exportiert wurde. Dieses Thema ist aber ohnehin irrelevant für uns. Natürlich fehlt uns das exportierte Material, aber da kann man nicht eingreifen, denn wir befinden uns in einer freien Marktwirtschaft und Österreich ist ein Exportland.

Fritz: Hier bin ich derselben Meinung. Ich möchte aber auch auf die Europäische Union verweisen, die im Holzbau eine Lösung für besseren Klimaschutz definiert hat. Da sollte dann auch nach Regelungen gesucht werden, die europäische Holzbauoffensive mit europäischem Holz umsetzen zu können.