Preisrückgänge und Einschnittsrücknahmen

Ein Artikel von Gerd Ebner, Günther Jauk, Raphael Kerschbaumer, Raphael Zeman | 15.11.2021 - 10:16

Im August 2021 war der fast einjährige Aufwärtstrend der Konstruktionsvollholz (KVH)-Preise vorbei. In allen Sortimenten gaben die Preise gegenüber Juli nach, lagen aber trotzdem noch um 140 bis 170 % über den Werten der Vorjahresperiode. Dementsprechend haben gemäß einer Umfrage der Überwachungsgemeinschaft KVH 58 % der KVH-Hersteller die Geschäftslage als „schlecht“ beurteilt, 33 % als „befriedigend“ und nur mehr 8 % als „gut“.

Stärkster Abfall der Geschichte

Grafik.jpg

Mit Beginn der Sommerferien begannen die Preise für KVH und BSH deutlich zu sinken. Wo sie sich schlussendlich einpendeln werden, ist derzeit noch nicht abschätzbar. © holzkurier / holzbau austria

Der Holzkurier erhebt seit 15 Jahren den Absatzindikator – einen Zeigerwert für die Lage auf den Absatzmärkten. Mit –36 % verzeichnete dieser im September den stärksten Abfall seiner Geschichte, der Preis für die frische Brettschichtholz (BSH)-Lamelle lag Ende September zwischen 330 und 360 €/m³ – und damit immer noch 75 % über dem Wert im September 2020.

Meldungen von starken Preisabsenkungen kommen zu fast allen Produkten. Am stärksten sind sie jedoch bei denen, die im 1. Halbjahr die größten Preiszuwächse erlebten: Dachlatten und KVH. Wie bereits mehrfach berichtet, wurde von den Kunden im 2. Quartal offenbar deutlich mehr eingekauft als benötigt. Daher fehlten im 3. Quartal die Neuorders. Jetzt, bei sinkenden Preisen, hoher Verfügbarkeit und vielen Angeboten, wird nur das Nötigste nachgeordert.

Einschnittsrücknahmen sollen Markt entlasten

Der Bedarf ist sowohl bei Schnittholz als auch den Weiterverarbeitungsprodukten weiterhin gedämpft. Bei fallenden Preisen ist die Lust zu ordern stark eingeschränkt. Hinzu kam im September, dass die Verhandlungen für das 4. Quartal anstanden. Die Erwartungshaltung der Käufer und jene der Verkäufer lagen so weit auseinander wie selten zuvor. War man sich im Vorjahr mit einer Verhandlungsrunde einig, so benötigte man heuer mitunter mehrere Gespräche.

Die Nachfrage nach Nadelsägerundholz war im September spürbar unter dem für diese Jahreszeit üblichen Niveau. Die Sägewerke sind zum Großteil gut versorgt und versuchen zunehmend, Produktion rauszunehmen. Für das 4. Quartal ist von weiteren Einschnittsrücknahmen auszugehen. Mit Urlaubs- und Überstundenabbau soll bis zu einer Schicht in den Sägewerken eingespart werden – um den Schnittholzmarkt zu entlasten.

USA: Nadelschnittholz-Import +18 %

Die USA importierten 2021 bis Ende Juli um 18 % mehr Nadelschnittholz als in der Vorjahresperiode – und zahlten dafür beinahe den dreifachen Preis (+200 %). Gerechnet auf den Kubikmeter, bedeutet dies, dass in den ersten sieben Monaten 2020 noch durchschnittlich 161 US-$/m3 bezahlt wurden. Im ersten Halbjahr 2021 kostete das Sortiment 2-by-4 im Mittel bereits 408 US-$/m3. Ausgelöst wurde diese starke Divergenz durch den rasanten Preisanstieg bei den Bausortimenten. Begonnen im Juni 2020 (bei 238 € /m3), wurde der Allzeitgipfel heuer im Mai mit 872 €/m3 erreicht (2-by-4, frei Große-Seen-Region, umgerechnet auf actual size). Aufgrund der derzeit erhöhten Bestellmengen amerikanischer Baumärkte, teilweiser Produktionskürzungen bei Schnittholzproduzenten und der nach wie vor hohen Baunachfrage in den USA stieg der Preis zuletzt seit zehn Wochen ungebrochen.

Weiterhin widersprüchliche Exportzahlen

Die bereits in vorangegangenen Beiträgen angesprochenen Ungereimtheiten bei den österreichischen Exportzahlen setzen sich fort. Während Statistik Austria die Nadelschnittholz-Exporte Österreichs in die USA in den ersten sieben Monaten 2021 mit 110.000 m³ bezifferte (–21 % gegenüber 2020), geben die US-Zollbehörden im selben Zeitraum einen Österreich-Import von 250.000 m³ an – was einem Zuwachs von 46 % gegenüber der Vorjahresperiode entspricht. Insgesamt exportierte Österreich laut Statistik Austria von Januar bis Juli 1,3 Mio. m³ Lamellenholz (+15 % gegenüber 2020) sowie knapp 3,6 Mio. m³ Nadelschnittholz und Hobelware (+4 % gegenüber 2020). Knapp 4,7 Mio. fm Nadelsägerundholz importierte Österreich in dieser Zeit. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet dies einen Rückgang um 1,7 %, geht aus den Daten von Statistik Austria hervor.

Nadelschnittholz-Produktion um 6 % gestiegen

„Österreichs Nadelschnittholz-Produktion legt heuer um 6 % auf 11,2 Mio. m³ zu“, konnte Markus Schmölzer, Vorsitzender der österreichischen Sägeindustrie, am 17. September seinen Kollegen und den anwesenden italienischen Kunden am Holztag 2021 in Pörtschach berichten. Getrieben von der deutschen Mehrproduktion und der Zunahme in Österreich, wird die Nadelschnittholz-Produktion in der DACH-Region heuer voraussichtlich um 12 % auf 40 Mio. m³ steigen. Damit ist diese Region ähnlich groß wie Skandinavien. „Die USA preschten vor. Obwohl wir nur 3 % des Exports dorthin liefern, konnten wir uns auch der Dynamik nicht entziehen“, erklärte Schmölzer. Nun stünden die Zeichen auf Stabilisierung auf einem Niveau, das über 2020 liege. Die Versorgungslage sei besser als damals. Mehr als 50 % der Nadelschnittholz-Produktion bleiben im Inland. Das zeige, dass der Heimmarkt obererste Priorität hat, so Schmölzer weiter. Summa summarum erlebte die Holzbranche zwei außergewöhnliche Jahre: „Es gab eine Situation wie noch nie. Die Ursachen sind höchst unterschiedlich. Es bleiben viele Fragen offen und einiges gilt es aufzuarbeiten.“

Eine mögliche Prognose für 2022 brachte allerdings  die diesjährige Nadelschnittholz-Konferenz Mitte Oktober in Helsinki: Im kommenden Jahr wird aller Voraussicht nach mehr Nadelschnittholz nachgefragt als produziert. Dies könnte in weiterer Folge dazu führen, dass die jetzt sinkenden Preise ab dem 2. Quartal 2022 wieder stark steigen, so die Experten.