Holzwohnraum für 36.000 Menschen

Ein Artikel von Raphael Zeman | 23.11.2021 - 09:21

Die Studie über sanierungsbedürfte Dachstühle in der Grazer Altstadt wurde vom Lebensressort Steiermark in Auftrag gegeben. Wohnbaulandesrat Hans Seitinger und Gerhard Schickhofer, Holzbauprofessor an der Technischen Universität (TU) Graz, präsentierten im Bautechnikzentrum der TU Graz kürzlich die Ergebnisse.

Abrisse verhindern und Bodenverbrauch minimieren

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Gerhard Schickhofer vom Institut für Holzbau und Holztechnologie der TU Graz (links) und Wohnbau-Landesrat Hans Seitinger informieren über Lösungsansätze für sanierungsbedürftige Dachstühle durch vorgefertigte Holzelemente. © Lebensressort Steiermark, Streibl

Von den untersuchten 45 historischen Dachkonstruktionen sei bei 82 % in den nächsten fünf Jahren ein Instandsetzungsbedarf festgestellt worden, so das Ergebnis der Studie. Schickhofer dazu: „Es wäre daher wünschenswert, den Bestand aller historischen Dachwerke lückenlos zu erfassen, um ein Gesamtbild vom Zustand der Altstadt-Dachlandschaft zu erhalten. Neben den Besitzerinnen und Besitzern der schutzwürdigen Gebäude hat auch die Stadtpolitik eine besondere Verantwortung, um drohende Abrisse zu verhindern.“ Seitinger betont die Dringlichkeit von entsprechenden Maßnahmen: „Es besteht dringender Handlungsbedarf, um die historische Dachlandschaft vor dem Verfall zu schützen. Nutzen wir die notwendigen Sanierungen um zusätzlichen Wohnraum sowie mehr Wohnqualität zu schaffen und Bodenverbrauch zu verhindern. Wenn wir nur die geeignetsten Dächer außerhalb der historischen Kernzone heranziehen, können wir bis zu 36.000 Menschen nachhaltige Wohnungen mit bester Infrastruktur bieten. Damit kann der erwartete zusätzliche Wohnbedarf der Landeshauptstadt durch Bevölkerungswachstum für zwölf Jahre gestillt werden.“

Holzbau ist die Lösung

Mittels eines an der TU Graz erstellten Aufstockungskatasters wurden die entsprechenden Blockstrukturen auf ihr Potenzial hinsichtlich einer Erweiterung untersucht. Unter der Prämisse, dass die Kontur unverändert bleibt und die Gebäudehülle entsprechend ausgestaltet wird, können nicht erhaltenswerte Dachstühle nachverdichtet werden – so die rechtlichen Gegebenheiten. Denn dadurch werde auch das geschützte Erscheinungsbild der Grazer Altstadt erhalten. In einem weiteren Schritt wurden Aufstockungsvarianten durch modulare Holzbausysteme ermittelt. Die „Faltwerk“-Lösung stellte sich dabei als die geeignetste Form der Verdichtung heraus. Sie ermögliche eine stützenfreie und enorm flexible Gestaltung des Dachraumes in Form einer zweigeschossigen Nutzungsmöglichkeit und entspreche dabei den Anforderungen an Gebäude in ASVK-Schutzzonen sowie allen statisch-konstruktiven und bauphysikalischen Ansprüchen.

In einem Pilotprojekt wird nun die „Faltwerk“-Lösung erprobt. Die TU Graz wird unterstützt durch das Lebensressort den Bau eines Prototypen wissenschaftlich begleiten. Interessierte Besitzer können sich beim Institut für Holzbau und Holztechnologie der TU Graz melden. Dachgeschossausbauten zur Neuschaffung von Wohnraum sind zudem im Rahmen der Sanierungsförderung des Landes Steiermark förderbar. „Die Sanierungsförderung hat enorm viele positive Aspekte für Klima und Gesellschaft. Durch Umschichtungen vom Neubau stellen wir im Budget für das nächste Jahr zusätzlich 10 Millionen Euro für Sanierungen zur Verfügung“, so Seitinger.

Quelle: TU Graz, Lebensressort Steiermark