Vorarlbergs neuer Landesinnungsmeister

Ein Artikel von Raphael Zeman | 11.01.2022 - 09:57
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Manuel Feuerstein, Landesinnungsmeister Vorarlberg © privat

Gratulation zu Ihrer neuen Position! Wie steht es Ihrer Ansicht nach derzeit um den Holzbau?

Der Holzbau – so, wie er bei uns gedacht und umgesetzt wird – ist ein ist ein technisch ausgereiftes und hochstehendes Gewerk und meiner Ansicht nach gegenüber anderen Bauweisen wohl am fortschrittlichsten. Holzbau ist schnell, trocken, leise und entlastet während der Bauphase die Nachbarn. Das sind schon schlagkräftige Argumente, ohne auf den Klimaschutz einzugehen. Beton gehört für mich in den Straßen- und Brückenbau, Plastik ist sogar beim Dämmen überholt. Für mich ist ganz klar: Das 21. Jahrhundert ist das Jahrhundert des Holzes.

Was macht Sie hier so zuversichtlich?

Die Stimmung ist im Holzbau aktuell sehr gut, die Auftragsbücher sind bis weit ins nächste Jahr gefüllt. Auch bei der Innung hier in Vorarlberg spürt man das. Es ist eine unglaubliche Leistung der Mitgliedsbetriebe, als gemeinsames Ziel den Holzbau voranzubringen. Dieser Schulterschluss steht über dem Konkurrenzdenken und dem Wettbewerb untereinander – und das bei und trotz all den unterschiedlichen Ansätzen und Meinungen. In der Industrie würde man diesen Zusammenhalt als „Cluster“ bezeichnen, er ist für mich ein wichtiger Bestandteil der Fortschrittlichkeit des Holzbaus in Vorarlberg. Dafür möchte ich auch meinen Vorgängern und den Pionieren des Erfolgs in Vorarlberg meinen großen Dank aussprechen.

Was sind für Sie die vorrangigen Ziele, um den Holzbau weiter voranzubringen?

Ich denke es liegt im öffentlichen Interesse, die Rahmenbedingen dafür zu schaffen, dass in Österreich verstärkt mit heimischem Holz gebaut wird. Ich halte es für unvertretbar, Schulen, Kindergärten und auch sonstige öffentliche Gebäude mit klimabelastenden Stoffen zu errichten. Beton und Zement sind riesige Klimasünder und wir wohnen in einem Land, das zur Hälfte mit nachwachsendem Holz bedeckt ist. Die Bewaldung nimmt zu, das müssen wir nutzen. Es liegt an der öffentlichen Hand, ihrer Vorbildfunktion nachzukommen und kommunale Bauten ganz selbstverständlich in Holz auszuschreiben und zu bauen. Mit dem Pariser Abkommen hat sich Österreich verpflichtet, bis 2030 deutliche CO2-Reduktionen zu erzielen. Das erfordert Einsparungen am Bausektor und somit klimafreundliche Bauweisen. Wenn die CO2-Ziele nicht erreicht werden, drohen neben den klimatischen Effekten Vertragsstrafen, die wiederum alle österreichischen Bürger mitfinanzieren müssen.

Und was kann der Zimmerer dazu beitragen?

Das große Thema ist für mich die Kommunikation. Wir Zimmerer sind nicht diejenigen, die öffentliche Aufträge vergeben. Aber jeder kann in seinem Wirkungsfeld die Menschen vom Holzbau überzeugen, die Vorteile dieser klimaschonenden Bauweise hervorheben. Darüber hinaus braucht es ein geschlossenes Auftreten sowohl in den einzelnen Bundesländern als auch österreichweit. Die Menschen brauchen Vertrauen zu den Zimmerern. Das Jahr 2021 hat mit seiner Rohstoffknappheit Irritationen hinterlassen. Es gilt, das Vertrauen in die Verfügbarkeit und Verlässlichkeit hinsichtlich der Ausführungszeit der Holzgewerke wieder zu stärken.

Kein leichtes Unterfangen, oder?

Die Holzbaubetriebe waren heuer durch Preissteigerungen in zuvor nicht vorstellbaren Höhen massiv gefordert. Aber wir können aus dieser Krise lernen. Besinnen wir uns darauf, verstärkt langfristige, regionale Lieferketten aufzubauen und zudem die Konstruktionsweisen zu überdenken. Muss ich das Holz immer in weiterverarbeiteter Form verbauen, oder hat das pure Produkt direkt vom Säger vielleicht einen Mehrwert für die gesamte lokale Wirtschaft? Wir haben auch aufseiten der Bauherren erlebt, dass es durchwegs positiv aufgenommen wird, wenn die regionale Wertschöpfung im Fokus steht.

Wie steht es um Ihre Pläne speziell für Ihr Bundesland?

In Vorarlberg hat Holzbau Tradition, ich sehe uns hier in einer Vorreiterrolle. Wir haben seit über 20 Jahren ein hervorragendes Image im In- und Ausland. Woran das liegt? Vorarlberg ist ein kleines Land mit knapp 400.000 Einwohnern und dabei 150 Zimmereibetrieben – also einer hohen Dichte an Holzbauunternehmen. Wenn man hier am Markt bestehen will, muss man ausgezeichnete Arbeit leisten. Unsere Handwerksqualität ist dementsprechend überdurchschnittlich und auch bei Architekten hochgeschätzt. Wir setzen neue Maßstäbe, wie Holzbau gedacht und umgesetzt wird. Das ist meinen Vorgängern und allen Mitbürgern, die dabei geholfen haben, den Holzbau in Vorarlberg so positionieren, zu verdanken. In der jetzigen Situation darf man sich aber nicht auf den Lorbeeren ausruhen, sondern muss die Stärken weiter ausbauen. Deswegen setze ich konkret auf die Intensivierung der Aus- und Weiterbildung, der Zusammenarbeit unter den Betrieben sowie der mit anderen, auch branchenübergreifenden Gewerken. Davon profitiert die gesamte Wertschöpfungskette.

Sie haben die Ausbildung angesprochen. Vorarlberg hat derzeit 172 Zimmereilehrlinge in Ausbildung – ein absoluter Höchststand.

Von unseren 150 Zimmereibetrieben sind 57 ausbildende Betriebe mit insgesamt 172 Lehrlingen. Mit dieser Situation kann man, obwohl auch wir in Vorarlberg den Fachkräftemangel spüren, zuversichtlich in die Zukunft blicken.

Und was macht die Ausbildung in Vorarlberg so besonders?

Mit der Initiative „holzbau zukunft“ haben wir 2001 ein duales Ausbildungssystem eingeführt. Die Lehrlinge gehen gemeinsam auf Projektwochen. Dort kommen sie vom Arbeitsalltag weg, führen kleine Projekte aus und sind dabei beispielsweise in Planung, Aufriss, Abbund involviert. Dabei wird auch eine Beziehung zum Projekt geschaffen. Dieses System kommt bei den Jungen wirklich gut an und fördert darüber hinaus ihren Zusammenhalt und den Umgang miteinander.

Warum ist der Holzbau so attraktiv für die junge Generation?

Holzbau begleitet die Menschheit seit Jahrhunderten und schafft ein besonderes Raumgefühl. Das spüren auch die Jungen. Dazu kommt die Werkschau nach getaner Arbeit. Ein Bürojob ist vielen zu langweilig. Mit Fachkenntnis und handwerklichem Geschick schafft der Zimmerer etwas, das er im Nachhinein auch tatsächlich betrachten und erfühlen kann – das tut gut und man sieht, was man mit den eigenen Händen geschaffen hat. Die Herausforderung ist es, Fachkräfte langfristig im Betrieb zu halten.

Sind dabei technische Fortschritte wie Digitalisierung und Automatisierung von Vorteil?

Mit Sicherheit. Der moderne Holzbau braucht innovative Produkte und bietet unterschiedliche Aufgabengebiete, wie zum Beispiel Planung und statische Bemessung, Arbeitsvorbereitung oder Ausführung. Das hilft, damit der Beruf des Zimmerers über Jahre hinweg – auch für Menschen, die körperlich nicht mehr so viel leisten können oder wollen – interessant bleibt und mit einer Familiengründung kompatibel ist. So kann man Fachkräfte langfristig binden.