Ein behaupteter Mangel? Bitte um Beweise!

Ein Artikel von Bernd Haintz | 18.03.2024 - 10:19
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Dr. Bernd Haintz © Wirtschaftskammer Steiermark

Der Kläger bestellte für sein Gasthaus bei der beklagten Partei die Lieferung und Montage von Türen. Es war vereinbart, dass die Türen für einen Gaststättenbetrieb geeignet sein mussten. Hier gibt es laut Önorm die Anforderungsklasse 6, dass nämlich Türen dieser Klasse nach 200.000 Zyklen des Öffnens und Schließens noch alleine durch den Türschließer schließen müssen. Tatsächlich gab es nur einen Nachweis für die Klasse 5 (100.000 Zyklen). Da wollte der Käufer dieser Türen nichts mehr davon wissen und bestand auf Vertragsauflösung, Ausbau der Türen und Refundierung des Entgelts. In erster Instanz gewann der Kläger, da ein Mangel bestünde. Das Erstgericht meinte, es wäre schon ein Mangel, wenn keine Bestätigung über Klasse 6 vorliege. Egal, auch wenn die Türen dieser Qualität entsprechen könnten. Die  2. Instanz wies das Klagebegehren jedoch ab. Wie schon erst kürzlich judiziert, hielt auch hier der OGH fest:  „Mit der Anbringung einer CE-Kennzeichnung wird vom Hersteller eines Produkts eigenverantwortlich erklärt, dass das Produkt allen anzuwendenden Vorschriften der Europäischen Union entspricht. Eine CE-Kennzeichnung trifft über diese Angaben hinaus grundsätzlich keine Aussage über die Qualität des Bauprodukts. Vor dem Hintergrund, dass eine CE-Kennzeichnung keine Aussage über die Qualität des Bauprodukts enthält, die verspricht, welchen Anforderungen das Produkt generell gerecht wird, kommt ein Mangel allein wegen der Verwendung nicht CE-gekennzeichneter Bauprodukte somit nur dann in Betracht, wenn eine CE-Kennzeichnung vereinbart wurde.“

Tatsächlich gab es aber diese CE-Kennzeichnung, wobei gewisse (freiwillige) Angaben fehlten. Es wurde aber nicht vertraglich festgehalten, dass eine Bestätigung über die Funktionsklasse vorgelegt werden musste. Die Streitteile waren sich aber bei Auftragserteilung darüber einig, dass die Türen als Gasthaustüren Verwendung finden würden. Daraus ist die schlüssige Vereinbarung einer dem Stand der Technik entsprechenden tatsächlichen Eignung für diesen Zweck abzuleiten. Dieser Stand spiegelt sich bei Bauprodukten insbesondere in den einschlägigen internationalen Normen bzw. Önormen wider, so das Oberste Gericht.

Wohl vom Sachverständigengutachten ableitend, findet sich im Urteil die Aussage, dass „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ die erforderliche Eignung vorläge. Dem Gericht war dies eine doch nicht hinreichend deutliche Einschätzung, denn man vereinbarte ja keine Türen mit (nur) hoher Eignungswahrscheinlichkeit.  Aus diesem Grund wurde wieder zurück an die erste Instanz verwiesen. Aufgabe dort wird sein, festzustellen, ob diese Türen nun geeignet sind oder nicht, ob damit ein Sachmangel vorliegt oder nicht. Nicht zu verwechseln: Die gesetzliche Vermutung, dass bei rechtzeitiger Anzeige der Mangel schon zum Zeitpunkt der Übergabe vorlag. Das Gesetz sieht hier ja vor, dass bei Bekanntgabe des Mangels innerhalb einer sechsmonatigen Frist (bei Konsumenten und beweglichen Sachen 12 Monate) vermutet wird, dass der Mangel quasi von Anfang an vorlag. Dies bedeutet aber nicht, dass damit auch schon vorab vermutet werden muss, dass es sich überhaupt um einen Mangel handelt. Dies hat der  OGH immer wieder  festgehalten.

Womit schließlich der beklagte Türenlieferant, welcher diese auch eingebaut hatte, nicht weiterkam, war das Argument der Missachtung der Mängelrüge durch den Auftraggeber. Das Unternehmensgesetzbuch sagt nämlich, dass im Rahmen eines beidseitigen Unternehmergeschäfts Mängel in angemessener Frist anzuzeigen sind. Diese müssen nach Ablieferung durch Untersuchung festgestellt werden. Da aber verborgene Mängel, die nur Sachkundige entdecken können, erst zeitversetzt gerügt werden können, machte das Höchstgericht klar, dass hier kein Gesetzesverstoß vorliegt. Dies eben auch dann nicht, wenn erst zeitverzögert reklamiert wird.