Holzbauquartiere, sie kommen

Ein Artikel von Kathrin Lanz | 08.01.2024 - 12:32

Wohnraum fehlt und der Auftrag ist klar: Kompakte Wohnsiedlungen in hoher Qualität schaffen. Und dies möglichst in Holz, um den gestiegenen Nachhaltigkeitskriterien zu entsprechen und dem Klimawandel entgegenzuwirken. Dies hört sich in der Theorie gut an, findet in der Realität noch nicht häufig genug Anwendung. Positive Beispiele aus Österreich gibt es selbstverständlich. Alleine in der Steiermark wuchsen in den vergangenen zehn Jahren Holzbausiedlungen heran. Zu nennen ist hier das Reininghaus Q7 in Graz, von balloon und Hohensinn Architektur geplant und Strobl Holzbau errichtet. 211 Wohnungen mit insgesamt rund 15.400 m2 Wohnfläche wurden 2020 bezogen.

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Viel Grünraum umgibt die Wohnbauten der Reininghausgründe. © Helmut Pierer

Reininghaus Q7
Standort: Graz/AT
Größe: 211 Einheiten
Status: fertiggestellt
Architekten: balloon und Hohensinn Architektur

Vier sechsgeschoßige Bauten am ehemaligen Gelände der Hummelkaserne sind in Sichtweite von Q7. Dort entstanden bis 2016 rund 90 Wohnungen, geplant von sps-architekten, gebaut von Kulmer Bau. 2021 folgte dann eine Wohnbebauung am Sternäckerweg mit 400 Einheiten in Holz. Wieder sind balloon und Kulmer, diesmal gemeinsam mit gaft&onion, am Werk.

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© Paul Ott Schörgelgasse 48, 8010 Graz

Hummelkaserne
Standort: Graz/AT
Größe: 90 Einheiten
Status: fertiggestellt
Architekten: sps-architekten

Auch in Wien Quartiere am Start

Neben diesen steirischen Projekten tut sich österreichweit einiges in dieser Größe, aktuell auch in Wien. Im 22. Wiener Gemeindebezirk wurde die Baubewilligung für das Projekt „Rote Emma“ erteilt. Gerner Gerner Plus und AllesWirdGut werden ein Wohnquartier in Holzhybridbauweise mit rund 360 geförderten Mietwohnungen errichten. Bauherren sind die Genossenschaft BWS und MIGRA.

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© Mattweiss

Rote Emma
Standort: Wien/AT
Größe: 360 Einheiten
Status: Baubewilligung erteilt
Architekten: 
AllesWirdGut Architekten,
Gerner Gerner Plus

Ebenfalls in Wien kommt das sogenannte LeopoldQuartier. Auf dem rund 23.000  m² großen Areal, das in fünf Baufelder unterteilt ist, entsteht ein Mix aus Arbeiten und Wohnen mit einer Bruttogeschoßfläche von 75.000  m²: 150 City-Apartments, 253 Eigentumswohnungen und 45 Büro- und Geschäftseinheiten. Der Entwurf für die Wohnzeile stammt aus der Feder von Gangoly & Kristiner aus Graz. Zuerst will man nun das Bürogebäude nach den Entwürfen von HNP Architects errichten. Durch die konsequente Nutzung von Erdenergie und Photovoltaik ist das Quartier in der Energieversorgung CO2-neutral. Mitte Oktober wurde die Baubewilligung erteilt. 

LeopoldQuartier
Standort: Wien/AT
Größe: Büros sowie 150 City-Apartments und 250 Eigentumswohnungen
Status: Baubewilligung erteilt
Architekten: HPN Architects, Gangoly & Kristiner

Frankreich auf Nachhaltigkeitspfaden

Auch im übrigen Europa sind Quartiersentwicklungen im Gange beziehungsweise bereits abgeschlossen. In Toulouse entstand ein 13.000 m² großes Areal, das zu 75 % in Holzbauweise umgesetzt wurde. Darin befinden sich insgesamt 3100 Wohnungen und öffentliche Einrichtungen. Im Zentrum des  Areals steht „Cartoucherie Wood’art”. Hierfür haben Dietrich | Untertrifaller gemeinsam mit Seuil Architecture 95 frei finanzierte und 42 geförderte Wohnungen, einen elfstöckigen Hotelturm mit 100 Zimmern sowie 2750 m2 Handels- und Gewerbeflächen geplant. 2022 wurde der Komplex fertiggestellt.

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© Aldo Amoretti

Cartoucherie Wood‘Art
Standort: Toulouse/FR
Größe: 137 Einheiten,
100 Hotelzimmer
Status: fertiggestellt, 2022
Architekten: Dietrich | Untertrifaller, Seuil Architecture

Von München über Stuttgart bis nach Berlin

Und auch im Nachbarland Deutschland hat sich in Sachen Quartiersentwicklung einiges getan, auf dem ehemaligen Kasernengelände des Münchner Prinz-Eugen-Parks beispielsweise. Hier begann man 2017 ein neues Stadtquartier zu errichten. Von den insgesamt 1800 Wohnungen wurden 566 in Holzbauweise, verteilt auf acht Baufelder mit ebenso vielen Bauherren, errichtet. Nach diesem Vorbild können in München in den kommenden Jahren weitere Holzbauquartiere realisiert werden. 

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Ökologische Mustersiedlung im Prinz-Eugen-Park in München © Peter Villain

Prinz-Eugen-Park
Standort: München/DE
Größe: 566 Einheiten in Holzbauweise
Status: fertiggestellt, 2020
Architekten: acht Planungsbüros

Gute Aussichten auf mehr Holz gibt  beispielsweise das Projekt „Timber View“. einszueins architektur aus Wien setzten sich mit ihrem Entwurf durch. Dieser gliedert das neue Wohnquartier in sieben Gebäude mit insgesamt 184 Wohnungen, die zusammen über rund 13.600 m2 Wohnfläche verfügen. Und auch in weiteren Städten, wie Berlin oder Stuttgart, kamen und kommen Nachfolgeprojekte.

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© Patricia Bagienski

Timber View
Standort: Mainz/DE
Größe: 184 Einheiten
Status: in Planung
Architekten: einszueins architektur

Ambitionen in größerem Maßstab

In weitaus größerem Maßstab denkt man beim südlichen Nachbarn Italien über das Thema Holzbauquartier nach. Mit dem „Ponte Roma Quartier“, geplant von Henning Larsen aus Dänemark, will man 1000 neue Wohnungen und 500 Studierendenunterkünfte schaffen. Initiiert wird das nicht unumstrittene Vorhaben von einer Gruppe prominenter Südtiroler Unternehmer rund um Heinz Peter Hager, Paolo Tosolini und Robert Pichler. Unabhängig von der notwendigen Baugenehmigung sei für die Projektverantwortlichen ein Baubeginn bereits 2025 möglich.

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© Henning Larsen/ Vivid Vision

Ponte Roma
Standort: Bozen/IT
Größe: 1000 leistbare Wohnungen,
500 Studierendenunterkünfte
Status: Baubeginn für 2025 geplant
Architekten: Henning Larsen

So sehr sich all diese Projekte in Größe, Herangehensweise und Darstellung unterscheiden, so eindeutig beweisen sie, welchen Beitrag der Holzbau am Weg zu klimaneutralen Städten in Form von Holzbauquartieren leisten kann. Einmal mehr sei dazu angemerkt, dass sich dieser Weg nur mit Rückenwind aus der Politik beschreiten lässt.