Eine Loge in Lärche

Ein Artikel von Raphael Zeman | 06.06.2025 - 09:21
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Mit seiner großzügig verglasten Front, der auskragenden Terrasse und dem Pultdach schmiegt sich das Gebäude zurückhaltend in den Hang. © Christoph Panzer

„Auch wenn unser langfristiges Ziel der mehrgeschoßige Holzbau ist, sind derzeit in etwa 80 % unserer Aufträge Einfamilienhäuser. Wir setzen alle unsere Projekte in Holzbauweise um, das ist eine absolute Voraussetzung für uns – und genau deswegen kommen die Bauherren auch zu uns“, erzählt Andreas Etzelstorfer beim persönlichen Gespräch in der Wiener Neustiftgasse. Im Büro von Backraum Architektur arbeiten derzeit vier Personen jeweils 30 Stunden. „Wir sind nicht arbeitsscheu, aber eine ausgewogene Balance ist wichtig, wir möchten langsam wachsen“, so der Architekt. Mit Projekten wie dem hier vorgestellten im niederösterreichischen Gars am Kamp zieht man jedenfalls die Aufmerksamkeit auf sich.

Ruine bestimmt Konzept

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Die begeisterten Handwerker Andreas Etzelstorfer (re.) und Max Oppitz legen gerne auch mal selbst Hand an – wie auch hier beim Bau des eigenen Bürositzes in Greifenstein. © Backraum Architektur

So kam eines Tages der Bauherr auf Etzelstorfer zu, um über den potenziellen Bau eines Einfamilienhauses in Holzbauweise zu sprechen – Grundstück war zu diesem Zeitpunkt aber noch keines vorhanden. Ein halbes Jahr später war er in Gars am Kamp fündig geworden und nahm den Kontakt wieder auf. „Meine Frau und ich haben dann mit unserem Camper eine Nacht dort verbracht, um einen Einblick in die Situation vor Ort zu bekommen“, erinnert sich Etzelstorfer. Zum Einblick gesellte sich der Ausblick, denn das Grundstück bietet ein sagenhaftes Panorama mit Sicht auf die Burgruine Gars, wo im Sommer – wie auch am besagten Abend – oft Freiluftkonzerte abgehalten werden. Spätestens da war klar, dass sich der Entwurf an der Burg orientieren würde, selbst wenn diese im Nordosten gelegen ist. Gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Max Oppitz machte sich Etzelstorfer also an die Arbeit. „Max ist vor allem auch mit seinem handwerklichen Geschick und Interesse eine große Unterstützung für unser Büro“, so der Architekt.

Betreten wird das Haus im Nordwesten. Hier im Erdgeschoß befinden sich eine Wohnküche mit großzügiger Verglasung und auskragender Terrasse Richtung Burgruine, das Elternschlafzimmer und ein Bad mit WC mit anschließendem Zen-Garten. Vom Erdgeschoß gelangt man in den südöstlich gelegenen Garten sowie in das südwestlich anschließende Nebengebäude mit Büro, Lagerräumen und Freiluftküche. Im Obergeschoß, das ebenfalls über einen separaten Eingang im Nordwesten verfügt, sind die zwei Kinderzimmer und ein weiteres Bad mit WC verortet. Eine kleine Galerie verbindet das Unter- und Obergeschoß, ein Dachschrägenfenster sorgt für ausreichend Tageslicht.

Der Beton und die Feuchte

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Im Innenraum sorgt die Kombination von Lärche, Estrich, weißen Oberflächen und erdigen Farbtönen für ein wohnliches Ambiente. © Christoph Panzer

Von außen wirkt das Gebäude mit seinem Pultdach und der dunkelgrauen Aluminiumfassade von Prefa unaufdringlich und schmiegt sich in den Hang. „Der Bauplatz stellte mit seiner Hanglage durchaus eine Herausforderung dar. Nach der Besichtigung vor Ort war klar, dass wir das Haus am oberen Ende des Grundstücks verorten möchten, eben wegen der Aussicht“, erklärt Etzelstorfer. Zum Glück habe man sich bereits in der Vorentwurfsphase die schriftliche Zusage der Gemeinde eingeholt, denn bis zur Einreichung hatte der Sachbearbeiter gewechselt und die Genehmigung wurde fast untersagt. „Außerdem ist für meinen Geschmack etwas zu viel Beton in dieses Projekt geflossen“, gibt der Architekt zu. Dies war aber nötig, denn im Sinne der Barrierefreiheit wurde der Stiegenaufgang von der Garage am Fuße des Hangs bis zum Eingang im Obergeschoß mit einem selbstfahrenden Treppenlift versehen (Anm.: zum Zeitpunkt der Fotoaufnahmen noch nicht montiert).

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© Christoph Panzer

Im Innenraum entschied man sich für einen Fließestrich mit zementöser Nutzschicht als Kontrast zu den zahlreichen edlen Holzoberflächen in Lärche. „Hier haben wir wieder etwas dazugelernt, denn der Fließestrich bringt viel Feuchtigkeit ins Gebäude. Ein Stresstest für einen Holzbau. Wir haben aber das Feuchtemonitoringsystem von Sihga verbaut und damit auch den letzten Nachteil der Holzbauweise ausgemerzt – eine absolute Empfehlung meinerseits“, so Etzelstorfer.

Qualität bis ins letzte Detail

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Der Blick auf die Burgruine Gars bot sich bereits bei der ersten Besichtigung des Grundstücks als Ausgangspunkt für das Entwurfskonzept an. © Christoph Panzer

Das wirklich Besondere an diesem Einfamilienhaus sind neben dem persönlichen Burgruinen-Logenplatz der Bauherren die Ausführungsqualität und minutiöse Planung bis ins letzte Detail. Denn das Gebäude wurde in einer Kombination von Massivholz und Riegelbauweise errichtet und mit Holzweichfaserplatten gedämmt. Die letzte Schicht des Fichten-Brettsperrholzes ist in Lärche gestaltet. „Wir waren begeistert von der hohen Qualität und mussten den Lieferanten Stora Enso bei den Bildern erst davon überzeugen, dass hier tatsächlich ihr Produkt abgebildet ist“, berichtet Etzelstorfer stolz. Fasziniert ist der Planer auch von der Ausführungsqualität von Tischlerarbeiten und Fenstereinbau, für den Claus Jürgen Rimpler verantwortlich zeichnet. So würden beispielsweise die zarten Fensterprofile den Ausblick unterstreichen, die maßgeschneiderten Regale und Einbauschränke sich perfekt an die Lärchenlamellen der Brettsperrholzwände und -decken anpassen. Beleuchtungselemente von Georg Bechter runden die qualitätsvolle Optik schließlich ab.

Bauherr als Projektmanager

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Auch von einem der Kinderzimmer hat man einen wunderschönen Ausblick auf die Burgruine. © Christoph Panzer

Möglich war all dies vor allem auch, weil die Zusammenarbeit unter den Projektbeteiligten so gut funktionierte. Der Bauherr trat als professioneller Projektmanager auf und so wurden in engem Austausch zahlreiche Korrektur- und Konkretisierungsschleifen vollzogen. „Aufwändig und kostenintensiv? Ja, aber es zahlt sich aus“, befindet Etzelstorfer. Jeder noch so kleine Raum, beispielsweise unter der Treppe oder über der Küche, wurde durch kleine Einstiegsluken oder Schiebetüren optimal nutzbar gemacht oder kaum sichtbare Bildleisten – die Tochter des Bauherrn ist Künstlerin – bereits vorab montiert.

Zu guter Letzt verrät Etzelstorfer noch ein Detail, inspiriert von Juri Troys "Strohfloh": eine diagonalverlaufende Unterkonstruktion hinter der vertikalen Lamellenfassade, beispielsweise im Zen-Garten. Das sorge nicht nur für eine bessere Hinterlüftung bzw. Entfeuchtung, sondern auch für eine spannende 
Optik.

Projektdaten

Standort: Gars am Kamp
Bauherrschaft: privat
Planungszeit: Januar 2021 bis August 2022
Ausführungszeit: August 2022 bis Dezember 2023
Architektur: Backraum Architektur
Baumeister, Spengler und Holzbauunternehmen: Georg Fessl
Tragwerksplanung: Christian Petz
Tischlerei und Fenstereinbau: Claus Jürgen Rimpler
Beleuchtung: Bechter Licht
Aluminiumfassade: Prefa
Estrich mit zementöser Nutzschicht: Estrich- & Entfeuchtungsdienst Pachler
Schlosserei: Stahl u. Portalbau Ingenieur Richard Mayer
Holzlieferant: Stora Enso
Holzmenge: ca. 64 m³ BSP Fichte mit letzter Schicht in Lärche; ca. 10 m³ zusätzlich in Wohnsichtqualität in Lärche
BGF: 278 m²